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AndereORF 2, Sa, 18.07.2020, 01:16 | Kurt Ceipek

Es kommt selten vor, dass dem fast immer ruhigen und gelassenen Bundeskanzler Sebastian Kurz in einem Interview der Kragen platzt, aber ZiB2-Moderator Martin Thür schaffte das. Nach einer Frage Thürs, warum die ÖVP-FPÖ-Regierung behauptet habe, es werde keine Privatisierungen geben, während es dazu „Geheimprojekte“ zwischen Türkis und Blau gegeben habe, blieb Kurz unverändert höflich, wurde aber spürbar schärfer im Ton.

„Mir gefällt diese Art der Darstellung nicht. Ich halte das für unredlich. Das ist der Stil, den wir aus dem Untersuchungsausschuss kennen, dass alles skandalisiert wird, immer unter dem Motto, irgendwas wird schon picken bleiben“, tadelte der Kanzler unmissverständlich die Art und den Stil der Fragestellung, um dann sehr sachlich und überzeugend die damaligen Überlegungen des Finanzministeriums der längst nicht mehr existenten ÖVP-FPÖ-Regierung zu erläutern. Es sei selbstverständlich, dass das zuständige Finanzministerium ständig Überlegungen zu möglichen Effizienzsteigerungen staatlicher Betriebe anstelle.

Aber Thür ließ nicht locker. Es sei ein „Geheimprojekt“ namens „Edelstein“ gewesen, das habe das Bundeskriminalamt dem ORF bestätigt. Kurz wurde ungehaltener: „Ich bin fassungslos, dass das für Sie ein Thema ist. Bitte tun Sie nicht so als wäre das etwas Anrüchiges, wenn das Finanzministerium im Interesse der Steuerzahler nachdenkt.“

Angesichts dieser schallenden Ohrfeige beendete Thür spürbar angeschlagen das Interview.

Davor hatte Thür dem ZiB2-Publikum indirekt weismachen wollen, nur die ÖVP habe von der Firma Wirecard Spenden erhalten. Tatsächlich haben auch die Neos von Wirecard kassiert, deren Chef Markus Braun habe ein sehr gutes Verhältnis zum damaligen SP-Kanzler Kern und auch zu führenden FPÖ-Politikern gehabt. „Er war sehr gut vernetzt.“

Alles Dinge, die den ORF nicht gar so sehr interessieren und die ihm deshalb kaum berichtenswert erscheinen. Wertvoll in der Berichterstattung ist nur, was der ÖVP oder der FPÖ schaden könnte.

Es ist aus Sicht der Zwangsgebührenzahler zu erhoffen (und mit Sicherheit auch zu erwarten), dass kämpferisch-giftige ORF-Polit-Interviewer nach Art von Thür, Armin Wolf oder Lou Lorenz-Dittlbacher dem Kanzler und anderen führenden ÖVP-Politikern noch öfter mit provokant-absurden Fragen zu allerlei politischen Verschwörungstheorien auf die Nerven fallen.

Irgendwann müsste es dann wohl den Medienstrategen unter den Entscheidungsträgern in der führenden Regierungspartei klar werden, dass ein gebührenfinanzierter ORF sich an das vom Nationalrat beschlossene ORF-Gesetz zu halten hat. Dieses fordert unmissverständlich vom ORF „in Kommentaren, Sachanalysen und Moderationen“ die „Wahrung des Grundsatzes der Objektivität“. Diese Objektivität gibt es aus der Sicht neutraler Beobachter schon lange nicht mehr.

Pressefreiheit und Unabhängigkeit sind ein hohes Gut und wichtig für eine funktionierende Demokratie. Das gilt natürlich auch für den ORF. Wenn die Pressefreiheit aber nur vorgeschoben wird, um selbst Politik zu machen, anstatt über Politik neutral zu berichten, dann ist die allmächtige Medienkrake ORF eine Gefahr für die Demokratie und im Interesse Österreichs schleunigst zu entschärfen, einschneidend zu reformieren oder zu privatisieren. Die Mehrheit der Österreicher wird das jenem Politiker danken, der sich an dieses schwierige Thema heranwagt.