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Mittagsjournal

AndereÖ1, Mo, 08.06.2020, 13:05

Selbst wenn man nur 20 Minuten des Ö1-Mittagsjournals hört, ist man für den Rest der Woche bedient. Und da sind die 3 Minuten des Wetterberichts schon eingerechnet. So auch im Mittagsjournal vom 8.6.

Da wird eine gefühlte Ewigkeit lang der SPÖ-Säulenheilige Hannes Androsch zum Thema Digitalisierung interviewt. Es kommt zwar nicht heraus, wieso ausgerechnet ein 82-jähriger als Experte für Digitalisierung befragt wird, aber beim ORF geht es ja nie um den Inhalt.

Also darf Androsch minutenlang beklagen, dass Österreich ein digitales Entwicklungsland ist. Gut, dass Österreich zum Beispiel beim Thema digitale Justiz europaweit führend ist, muss nicht jeder wissen. Aber bizarr wird es dann schon, wenn Androsch das österreichische Schulsystem ausgerechnet deswegen kritisiert, weil es über zu wenige Smartboards (gescheit für "elektronische Tafel") verfügt und nicht jeder Volksschüler ein Tablet hat.

Abgesehen davon, dass diese Homeschooling-Probleme hoffentlich nach der Corona-Krise keine Rolle mehr spielen, fragt man sich als Hörer schon, ob es in österreichischen Schulen nicht größere Probleme gibt als mangelnde Digitalisierung. Etwa, dass ein guter Teil der Wiener Pflichtschüler auch nach Verlassen der Schule nicht schreiben, lesen und rechnen kann. Und zwar ganz unabhängig von einem Tablet, das viele womöglich nicht einmal bedienen können. Vorsichtshalber fragt die Journalistin aber nicht nach. Man könnte dabei nämlich erkennen, dass Androsch vom gesamten Thema überhaupt keine Ahnung hat. Und das war ja nicht der Sinn der Übung.

Dann folgt ein für die Unwichtgkeit des Themas wiederum überlanger Beitrag über den Tiroler Politiker Geisler. Dieser hat eine NGO-Aktivistin als "widerwärtiges Luder" bezeichnet, dies allerdings nur ganz leise ins Ohr der grünen Ingrid Felipe. Auf dem Video sieht man zudem klar, dass die Aktivistin das ganze überhaupt nicht hören konnte und dass Felipe nicht reagiert hat.

Im ORF tut man jetzt aber ganz aufgeregt und fragt sich ständig, warum Geisler nicht längst zurückgetreten ist, obwohl er "vor laufender Kamera" die Aktivistin "beschimpft" hat. Das sind gleich zwei Fake-News in einem Satz, denn weder hat Geisler die Aktivistin beschimpft (er hat tatsächlich mit Frau Felipe gesprochen), noch hat er in die "laufende Kamera" gesprochen, sondern sein Sager wurde rein zufällig mitgefilmt.

Zum krönenden Abschluss holt man noch Maria Rauch-Kallat aus der Versenkung, die in einem bizarren Anflug von Selbstempirie behauptet, sie kenne viele Tiroler Männer, die einen derartigen Ausspruch nicht getätigt hätten. Aha. Außerdem sei sie sicher, dass Geisler einen ähnlichen Ausdruck bei einem männlichen NGO-Aktivisten nicht verwendet hätte. Hier könnte man als Reporterin zwar die Frage stellen, wie Rauch-Kallat zu dieser küchenpsychologischen Einschätzung kommt, aber auch das ist ja nicht der Sinn der Übung. Sondern es geht darum, Geisler und ÖVP weichzuklopfen, damit endlich der für den ORF längst überfällige Rücktritt erfolgt.

Welchen konkreten Sinn ein Rücktritt des VP-Politikers wegen einer derartigen Kleinigkeit haben soll, den bis letzte Woche niemand kannte und der sich auch bei der betroffenen Aktivistin entschuldigt hat, bleibt unklar. Ebenso fragt man sich als Hörer, ob nicht womöglich auch die Nicht-Reaktion von Frau Felipe den größeren Skandal darstellt, wenn man schon einen konstruieren will. Denn bei einer grünen Politikerin würde man sich vielleicht schon erwarten, dass sie ihrem Kollegen nach diesem Sager "vor laufender Kamera" in die Parade fährt. Denn immer groß den Feminismus predigen, aber im Ernstfall den Mund halten, ist ja auch nicht die feine Art. Aber wir sind hier beim ORF und da werden Grüne prinzipiell niemals kritisiert.

Fazit: Dieser ORF ist nicht reformierbar. Je früher er geschlossen wird, desto besser für Land und Leute.