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AndereORF 2, Fr, 31.05.2019, 01:02 | Andreas Unterberger

Gewiss, auf manche Sendungen kann man sich nicht gut vorbereiten, weil man sie halt spontan gestalten muss, wie etwa den Bericht über die Nominierung Brigitte Bierleins als Interims-Bundeskanzlerin. Da mag es schon verständlich sein, dass man keine Biographie über sie vorbereitet hat. Auch wenn eine professionelle Redaktion schon etwas zu dem in wenigen Tagen bevorstehenden 70. Geburtstag Bierleins vorbereitet haben könnte (aber solche Geburtstage werden im ORF halt nur bei einem sogenannten "Ostbahn-Kurti" zelebriert, nicht bei einer VfGH-Präsidentin).

Noch viel weniger verständlich ist, was sich in der Sendung selber abspielte. Dass Hans Bürger bei aktuellen Ereignissen, wo er nichts ablesen kann, völlig überfordert ist, ist bekannt. Aber dass eine Regierungskrise stattfindet, ist seit fast zwei Wochen bekannt, ebenso dass die Ernennung eines Regierungschefs unmittelbar bevorsteht. Da ist es schon ziemlich peinlich, wenn der ORF in der Sondersendung zur Nominierung einen Beitrag über liegengebliebenen Koalitionsprojekte präsentiert, dem an mehreren Formulierungen anzumerken war, dass er noch vor dem Misstrauensvotum produziert worden ist.

Skurril ist auch, dass vom ORF in dieser Sendung dicke Weihrauchwolken für Hans Kelsen, den ursprünglichen Hauptautor der Verfassung geschwungen werden, dass aber in Wahrheit alle jetzt relevant werdenden Bestimmungen über die Rolle des Bundespräsidenten bei der Regierungsbldung aus dem Jahr 1929 stammen, wo kein Kelsen mehr da war ...

Und widerlich ist auch, dass man dann wenige Minuten später diese Verfassungsnovelle als Erfolg der "paramilitärischen" Heimwehrverbände darstellt. Womit einerseits die Verfassung heruntergemacht wird, zugleich aber verschwiegen wird, dass die Heimwehren dem mindestens ebenso paramilitiärischen Schuzbund gegenübergestanden sind. Völlig ignoriert wird auch die von gewichtigen Rechtshistorikern vertretene Sicht, dass damals die Staatsspitze in der Absicht gestärkt worden ist, den bedrohlichen faschistischen Tendenzen ringsum entgegenzutreten.