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Hohes Haus

AndereORF 2, So, 28.04.2019, 21:13 | Kurt Ceipek

Das Programm von ORF 2 am sonntäglichen Spätvormittag könnte einen Beitrag zur österreichischen Volksgesundheit leisten, wenn es nicht unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit ausgestrahlt würde. Sowohl die Pressestunde als auch die folgende Sendung Hohes Haus wären geeignet, der Mehrheit der Zuhörer den Appetit auf Schweinsbraten, Schnitzel, Sachertorte oder sonstige Köstlichkeiten zu verderben. Das war auch diesen Sonntag so.

Den Auftakt machte eine Pressestunde mit der Spitzenkandidatin der heimischen Kommunisten für die EU-Parlamentswahlen. Es handelt sich um eine Griechin namens Katarina Anastasiou. Sie durfte eine Stunde lang – kaum jemals unterbrochen von den freundlichen Interviewerinnen – haarsträubenden Unsinn über Kommunismus und die EU, Gott und die Welt verzapfen. Widersprochen hat sie sich nur selbst.

Soweit so belanglos. Schließlich haben die Kommunistinnen in Österreich auch bei der kommenden EU-Wahl nicht die geringste Chance auf genügend Wähler für die Erringung eines Mandates. Auch nicht nach einer Stunde kostenloser ORF-Werbung.

Richtig ärgerlich wurde es wie meistens bei der Sendung „Hohes Haus“. Da wurden zum Auftakt wieder einmal unter kraftvoller Dreschung der bekannten Phrasen der Umbau von der Mindestsicherung zu einer neuen Form der Sozialhilfe die Regierungsparteien geprügelt. Volkshilfe-City-Camper Erich Fenninger, Oppositionsführerin „Tschojpemela“ Rendi-Wagner und viele andere durften zum x-ten Mal ihre schon vielfach zerpflückten und widerlegten Behauptungen zu der von der Mehrheit der Österreicher positiv eingestuften Reform wiederholen.

Den Höhepunkt des ORF'schen Verständnisses von Journalismus lieferte aber wieder einmal Patricia Pawlicki persönlich in einem Interview mit ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer.

Der argumentierte auf die meist hinterhältig gestellten Fangfragen sehr sachlich und ordentlich. Das gefiel Frau Pawlicki gar nicht, weshalb sie dem VP-Generalsekretär immer häufiger ins Wort fiel, wenn der mit überzeugenden Argumenten punktete. Sie erklärte dann, das sei nicht das Thema. Das empfanden viele Zuhörer ganz anders. In Wahrheit wollte die Interviewerin die Antwort verhindern, weil sie so gar nicht nach ihren Wünschen ausgefallen wäre. Korrekt wäre gewesen, zu sagen: „Diese Antwort wollte ich nicht hören“.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass bei der Erwähnung von Ursula Stenzel (auch sie kam in dem Interview vor) von ORF-Seite nie vergessen wird, zu erwähnen, dass sie eine ÖVP-Vergangenheit und eine FPÖ-Gegenwart hat. Dass sie vor allem eine besonders angesehene und erfahrene ORF-Mitarbeiterin war, würde ORF-Moderatoren wie Frau Pawlicki vermutlich nie über die Lippen kommen.

Als unbefangener Zuhörer solcher Interviews stellt man sich bei den unverfrorenen Unterbrechungen oft die Frage, warum sich die Interviewten das bieten lassen. Es gibt im ORF sehr wahrscheinlich eine intensive Ausbildung darin, wie man den „Feind“ in solchen Interviews unterbricht und abwürgt, wenn unerwünschte Antworten drohen. Vielleicht sollten VP- und FP-Kandidaten für ORF-Gespräche auch erlernen, zu sagen: „Lassen Sie mich ausreden, sonst verlasse ich dieses Interview.“ Und wenn das nicht hilft, dann sollten sie auch tatsächlich gehen.