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ORF2Andere, Di, 25.09.2018, 23:58 | Stefan Beig

Der neuen SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wurde Dienstagabend bei der ZIB 1 förmlich der rote Teppich ausgerollt. Dafür sorgte ein zugeschalteter ORF-Reporter, dessen Stellungnahmen genauso gut vom Pressedienst der SPÖ hätten stammen können: 

"Die Wahl ist planmäßig und problemlos über die Bühne gegangen", verkündete er zunächst begeistert, als wäre das schon eine Sensation. Und: "Das Wahlergebnis – einstimmig für Rendi-Wagner – zeigt: Die neue Parteichefin hat die volle Unterstützung des Parteivorstands." Die Querelen der vergangenen Tage sind also Schnee von gestern: alles nicht mehr der Rede wert. 

Freilich wäre alles andere als ein einstimmiges Wahlergebnis für die SPÖ höchst schädlich gewesen – gerade zum jetzigen Zeitpunkt. Dass das der Parteivorstand nicht wollte, ist verständlich. Doch zwischen einem einstimmigen Abstimmungsverhalten und „voller Unterstützung“ für die neue Parteivorsitzende besteht doch ein Unterschied. Der ORF-Reporter ergänzte: "Ob tatsächlich alle Zweifel jetzt ausgeräumt sind, das wird die Arbeit der nächsten Monate zeigen." Na immerhin ... 

Doch dann ging es noch euphorischer weiter: "Tatsächlich hat Rendi-Wagner heute auch schon Managementqualitäten(!!) gezeigt. Sie hat ihren Wunsch, nämlich Thomas Drozda zum Klubobmann zu machen, nicht durchgebracht. Hat sehr rasch reagiert und gesagt: Dann mache ich mir die Klubobfrau im Parlament eben selber und Thomas Drozda wird Bundesgeschäftsführer." 

Näher besehen lassen gerade diese Ereignisse den eben so hoch gepriesenen Zusammenhalt in der SPÖ als fragwürdig erscheinen: Wie die APA berichtete, stieß der von Rendi-Wagner gewünschte Abgang des bisherigen Klubobmanns Peter Schieder bei de facto allen Wiener Abgeordneten und auch bei Mandataren aus den Bundesländern auf Unverständnis. Dass darüber hinaus auch der von Rendi-Wagner als Schieders Nachfolger vorgeschlagene Thomas Drozda abgelehnt wurde, ist alles andere als ein Hinweis auf die ungeteilte Zustimmung, die die neue SPÖ-Vorsitzende innerhalb der Partei mit ihren ersten Entscheidungen erfährt.

Auch den Richtungsstreit in der SPÖ spielte der ORF-Reporter komplett hinunter, als er so tat, als wären alle inhaltlichen Probleme auf einmal wie mit einem Zauberstab weggezaubert worden. Er erklärte: "Programmatisch liegt Rendi-Wagner ohnehin auf Parteilinie: Chancengleichheit, Rechtstaatlichkeit, Demokratie, Gleichberechtigung von Mann und Frau. Da gibt es keine Probleme mit den anderen Persönlichkeiten in der SPÖ."

Nun: Welcher Politiker könnte da widersprechen? Kein Politiker – auch nicht einer von einer anderen Partei – würde bestreiten, dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wichtig sind. Aber anscheinend ist ja alles auf einmal so einfach. Da fragt man sich nur, warum es bisher so schwer war, die verschiedenen Flügel der SPÖ zu einen.

Heiße Eisen, wie die Migration, die den Menschen nach wie vor unter den Fingernägeln brennen und in der SPÖ für starke Polarisierungen sorgen, wurden vom Reporter nicht einmal erwähnt. Sie haben sich anscheinend in Luft aufgelöst. Glückwünsch! Eine neue Parteichefin – und die Welt fängt an zu fliegen ...

PS: In der ZIB 2 war man schon deutlich zurückhaltender. So wurde auch erwähnt, dass sich Rendi-Wagner nach der Pressekonferenz Journalistenfragen nicht stellen wollte und dass es auch für den neuen SPÖ-Geschäftsführer Drozda keineswegs nur Zustimmung im Parteivorstand gab.