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Ö1 Abendjournal

oe1Andere, Fr, 03.08.2018, 22:00 | Werner Reichel

Urlaubsbedingt eine Woche komplett ohne ORF. Das ist echte Erholung. Die Tage sind leider viel zu schnell vergangen und Freitagabend hat mich der deprimierende ORF-Alltag wieder. Ich schalte das Abendjournal ein und der erste Beitrag widmet sich einer nicht näher benannten Handelsfirma, die ihren Mitarbeitern eine bestimmte Zahl von Überstunden nicht ausbezahlen, sondern als Zeitausgleich 1:1 abgelten will. Betroffen sind 150 Mitarbeiter. Der Ö1-Sprecher in seiner Anmoderation: „Eine neue Arbeitszeitvereinbarung in einem Handelsbetrieb hat die Diskussion über die Neuregelung der Arbeitszeit wieder entfacht.“

„Wieder entfacht“ ist eher Wunschdenken von ORF und SPÖ, zumal der Vertragsentwurf dieser Firma sowohl gegen das alte, als auch das neue Arbeitszeitgesetz verstößt, das im September in Kraft tritt. Was solls, die Hörer werden die Geschichte schon irgendwie mit der bösen türkisblauen Regierung in Verbindung bringen.

Halten wir fest: Ö1 berichtet im Aufmacherbeitrag seines Journals über eine Handelsfirma, die ihren Mitarbeitern einen Vertragsentwurf vorgelegt hat, der gegen das bestehende und das künftige Arbeitszeitgesetz verstößt. Was für ein Knaller, was für eine Story! Das hat übrigens nichts mit der Sauren-Gurken-Zeit zu tun, denn es gibt an diesem Freitag gleich mehrere Ereignisse, die relevanter, interessanter und berichtenswerter sind, als diese Nullgeschichte, die die Arbeiterkammer aufgebracht hat. Und genau das ist der Punkt.

Die Genossen von AK und ORF möchten mit dieser dünnen Suppe weiter Stimmung gegen die Regierung und ihr neues Gesetze zur Arbeitszeitflexibilisierung machen, auch wenn es keinen Zusammenhang zwischen diesem Vertragsentwurf und der gesetzlichen Neuregelung gibt. Der Rotfunk baut der AK auch brav eine Brücke, wenn er davon spricht, dass die Diskussion „wieder entfacht“ worden ist und es wegen des neuen Gesetzes nun „erste Konflikte im Arbeitsalltag“ gäbe. Und wenn man schon dabei ist, macht man auch gleich Werbung für die Gewerkschaft: „Der ÖGB warnt vor Gefahren in Betrieben ohne Betriebsrat.“ Aha.

Da freuen sich auch der glücklose Christian Kern und seine rote Chaostruppe. Sie brauchen die politische und propagandistische Schützenhilfe von ORF, AK und ÖGB wie einen Bissen Brot. Auf den ORF kann er sich eben verlassen, der rote Pizzabote. Der ORF wird die Arbeitszeitflexibilisierung auch weiterhin am Köcheln halten und alles dagegen aufbieten, auch wenn er dazu die eine oder andere journalistische Grundregel ignorieren muss und zum Beispiel eine von der Arbeiterkammer angediente Story ohne Nachrichtenwert zum Aufmacher seines Abendjournals aufbläst. Der Zweck heiligt schließlich die Mittel.

Ja, der Urlaub ist vorbei, ich bin wieder in Österreich.