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Punkt eins

oe1Andere, Mi, 28.02.2018, 22:26 | Kurt Ceipek

Die aufsehenerregenden Morde an dem slowakischen Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten waren Thema der unmittelbar auf das Mittagsjournal folgenden Sendung „Punkt eins“. Und bald war klar: Böse Politiker, die Journalisten verachten, seien zwar nicht die Mörder, aber indirekt verantwortlich für das Klima, in dem derartige Verbrechen begangen werden.

Das Thema der Journalistenmorde war nach wenigen Minuten abgehandelt. Dann ging es um Unfreundlichkeiten von Politikern und Bürgern gegen zwangsgebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Sender in vielen Ländern Europas, vor allem in Polen und Ungarn. Die jüngsten Angriffe der FPÖ gegen den ORF blieben dabei nicht unerwähnt. Ein solcher Schwenk von Morden an Journalisten zu einer ORF-kritischen heimischen Partei ist kühn.

Natürlich wurde die Gelegenheit auch genützt, um öffentlich-rechtliche Sender insgesamt als Hüter der seriösen und anständigen Medienarbeit zu verteidigen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei europaweit in Gefahr, es gebe nicht nur in Österreich Attacken. In der Schweiz werde die Gebührenpflicht für staatliche Sender einer Volksabstimmung unterworfen, in Kroatien habe eine neue Regierung unverzüglich den Generaldirektor des Staatsfunks ausgetauscht. Führende Politiker in Polen und Ungarn sind auch ganz böse zu Journalisten, Vladimir Putin und Donald Trump sowieso.

Dann waren auch Hörer am Wort. Einer der Anrufer kritisierte am Beispiel der deutschen Langzeit-Kanzlerin Angela Merkel, dass Medien über Verfehlungen und Gesetzesverstöße von Politikern NICHT berichten. Derartige Dinge erfahre man als Konsument fast nie aus den klassischen Medien, die so heikle Themen auch in Ländern gerne verschweigen, wo der Druck auf die Medien vergleichsweise gering ist. Auch durch eine solcherart gefilterte Berichterstattung würden die klassischen Medien, allen voran die sogenannten Qualitätsmedien, gehörig unter Druck geraten.

Bernhard Odehnal vom Zürcher Tages-Anzeiger erläuterte bedauernd, es gebe kaum noch neutrale Medien, sondern nur noch regierungstreue oder regierungskritische Zeitungen oder Rundfunkanstalten. Vielen heimischen Medienkonsumenten fällt dazu sofort der ORF ein, der seit dem Amtsantritt der ÖVP-FPÖ-Regierung nahezu ausschließlich regierungskritische Berichterstattung produziert. Daran wäre nicht viel auszusetzen, hätte der gebührenfinanzierte Sender nicht in der Zeit davor nahezu ausschließlich positiv über die SPÖ-Kanzler-Partei und die ebenfalls dem linken Reichsdrittel zuzuordnenden Grünen berichtet.

Das ist wohl vor allem darauf zurückzuführen, dass 90 oder mehr Prozent der redaktionellen Mitarbeiter in den Politik-Redaktionen unübersehbar mit Rot oder Grün sympathisieren und vermutlich gar nicht mehr in der Lage sind, objektiv und neutral zu berichten. Das gilt auch für die Themenwahl, denn was in den Hauptnachrichtensendungen gebracht oder nicht gebracht wird ist kein Zufall, sondern ganz bewusste und gezielte Auswahl.

Das unterschwellig verfolgte Ziel, die Wichtigkeit der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten für ihre Länder zu unterstreichen wurde in der knapp einstündigen Sendung gründlich verfehlt. Im 21. Jahrhundert noch an zwangsfinanzierten Rundfunkanstalten festhalten zu wollen ist anachronistisch. Das ist, als hätte man vor 150 Jahren versucht, zwangsgebührenfinanzierte Postkutschen künstlich am Leben zu erhalten, um den Vormarsch von Eisenbahn und Pkw zu verhindern.