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Klartext. Ein Beitrag zur Streitkultur

oe1Andere, Do, 28.04.2016, 01:10 | Kurt Ceipek

Der endgültige Kampf um die Bundespräsidentschaft in Österreich wurde in Ö1 und ORFIII mit einer Diskussion zwischen Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen eröffnet. Nicht ganz unerwartet setzte der frühere Grünen-Chef zu einer Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik an. Man müsse scharf trennen zwischen Wirtschaftsmigration und Flüchtlingen. Für Wirtschaftsmigranten sei angesichts von 500.000 Arbeitslosen in Österreich kein Platz. Für Flüchtlinge, die durch von Krieg und Tod bedroht seien, müsse man die menschenrechtlichen Verpflichtungen einhalten.

Ob Wähler, die Van der Bellen kritisch sehen, ihm seine Kehrtwendung abnehmen, wird wohl erst das Wahlergebnis zeigen. So manchem linken Gutmenschen dürften die folgenden Sätze Van der Bellens zum Thema Flüchtlinge allerdings heftige Magenkrämpfe oder gar Wutausbrüche beschert haben. Der „unabhängige“ Grüne im O-Ton: „Die Neuankömmlinge haben sich anzupassen und unsere Werte zu akzeptieren. Gewalt ist absolut inakzeptabel und sexuelle Belästigung ist absolut inakzeptabel. Da gilt das Strafrecht für alle gleich.“

Bislang war ja im links-grünen Lager eher die Meinung vertreten worden, man müsse bei armen traumatisierten Flüchtlinge für derartige „Belästigungen“ Verständnis aufbringen und Milde walten lassen. Ein Risiko geht Van der Bellen mit solchen Aussagen wohl nicht ein, weil ihm viele Linke für seine kritischen Anmerkungen über Flüchtlinge zwar grollen mögen, ihm aber dennoch ihre Stimme geben werden, um den aus dem rechten Lager kommenden Hofer als Bundespräsidenten um jeden Preis zu verhindern.

Im Gegenzug überraschte der überlegene Sieger des ersten Wahlganges mit der Aussage, ihm wäre es lieber, es gäbe an der Brennergrenze keinen Zaun. Er fügte allerdings hinzu: „Ich sehe aber keine andere Möglichkeit, solange die Schengen-Außengrenze nicht gesichert ist.“

Ein heftiges Plädoyer brachte Hofer für den Ausbau der direkten Demokratie. Über den derzeit verhandelten internationalen Handelsvertrag TTIP müsse eine verbindliche Volksabstimmung entscheiden, forderte Hofer. Van der Bellen ging noch weiter. Er würde ein TTIP-Abkommen gar nicht unterschreiben. „Da ersparen wir uns die Volksabstimmung.“

Natürlich konnte sich Klaus Webhofer eine Frage an Hofer zum Thema Burschenschafter nicht verkneifen. Der war darauf natürlich vorbereitet und meinte trocken: „Es gibt nette und weniger nette Burschenschafter, wie in anderen Bevölkerungsgruppen auch.“ Und er erinnerte daran, dass SPÖ-Gründer Viktor Adler auch Burschenschafter gewesen sei.

Zeitungskommentatoren befürchten für die nächsten Wochen einen erbitterten Lagerkampf zwischen dem linken Lager, das die „Nazi-Keule“ gegen den FP-Kandidaten auspacken werde, und den Bürgerlichen. Die beiden Kandidaten wollen von so einem Lagerkampf offenbar nichts wissen und behandelten einander mit ungewohntem Respekt. Vielleicht wird das der erste faire Wahlkampf in Österreich seit Jahrzehnten.

Allerdings gibt es Wunder auch in Österreich nur selten.