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Griss gibt sich mit Neujahrsansprache staatsmännisch

Online, Sa, 02.01.2016, 08:43 | Werner Reichel

Obwohl es erst eine offizielle Kandidatin gibt, hat für den ORF der Präsidentschaftswahlkampf längst begonnen. Irmgard Griss ist eine Bürgerliche und sie hat realistische Chancen auf das höchste Amt im Staat. Genau das ist das Problem. Ihre Gegner im Wahlkampf sind nicht nur die anderen Kandidaten und deren Parteien/Unterstützer, sondern auch der Staatsfunk. Nachdem der ORF die Hypo-Akten-Geschichte überdimensional groß aufgeblasen und ausgeschlachtet hat, gleich der nächste kleine Vorgeschmack, was auf Griss in den kommenden Wochen und Monaten zukommen wird. Sie veröffentlicht im Internet ein Video mit einer Neujahrsansprache; dafür braucht man den ORF ja nicht mehr. Der Staatsfunk berichtet darüber. Und zwar mit der Schlagzeile: „Griss gibt sich mit Neujahrsansprache staatsmännisch“.

Normalerweise würde man die Kernaussage dieser Ansprache in die Überschrift einfließen lassen. Allerdings nur dann, wenn man neutral berichtet. Wenn man seine Leser informieren und nicht beeinflussen möchte. Ansonsten schreibt man eben Schlagzeilen wie der ORF in diesem Fall. „Staatsmännisch“? Ist das überhaupt gendergerechter Sprachgebrauch? Frau Heinisch-Hosek bitte melden.

Egal, es geht ja eigentlich um das „gibt“. Damit will der ORF uns ganz subtil vermitteln, dass sich Frau Griss nur so gibt, sie es aber gar nicht ist. Es hat auch nichts damit zu tun, dass Griss derzeit keine Staatsmännin ist, also kein offizielles Amt innehat, denn „staatsmännisch“ bedeutet laut Duden: „einem guten Staatsmann gemäß“. Und das kann auf jeden Menschen zutreffen.

Für Kandidaten aus der linken Reichshälfte würde man beim ORF eine solche Formulierung jedenfalls nicht verwenden. Und als kleine Draufgabe wird in dem Artikel über Griss auch noch Richard Lugner erwähnt. Lugner hat zwar mit der Neujahrsansprache von Griss rein gar nichts zu tun, macht aber nichts. Es geht in diesem Fall auch nicht um Information, sondern um den sogenannten Halo-Effekt. Darunter versteht man in der Sozialpsychologie die Tendenz, faktisch unabhängige oder nur mäßig korrelierende Eigenschaften von Personen oder Dingen fälschlicherweise als zusammenhängend wahrzunehmen. Das funktioniert im positiven wie im negativem Sinne. In diesem Fall soll das eher fragwürdige politische Image des Societybaumeisters auf die seriöse Frau Griss abfärben, auch wenn die beiden überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Aber das sind nur kleine harmlose Tricks. Der Wahlkampf hat ja auch noch nicht begonnen.