ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Rubriken

Archiv

Sendungskritik Melden

Bitte um ein Stichwort, warum diese Kritik als rechtswidrig oder ehrenbeleidigend (gegenüber konkreten Personen) offline genommen werden soll. Dass eine Meinung unerwünscht oder unsympathisch ist, ist kein ausreichender Grund dafür.

Ich will die Datenschutzerklärung lesen.

Beitrag melden


Conchita - ihr Weg nach Kopenhagen

ORF1, Do, 08.05.2014, 15:41 | Franz Witzeling

Es geht um die Wurst! Geht es um die Wurst? Conchita Wurst, Januskopf oder Doppelbotschaft in einer Person

Die Nominierung von Conchita Wurst als VertreterIn Österreichs beim aktuellen Song Contest hat nicht nur in der österreichischen Öffentlichkeit, sondern auch in vielen Teilnehmerstaaten des europäischen Song Contests eine Welle unterschiedlichster Reaktionen ausgelöst. Sie reichen vom blanken Hass, über polemische Häme, bis zu beherzten Bemühungen, an Hand dieses Beispiels für Toleranz und Verständnis für unterschiedliche Lebensentwürfe zu werben. Besonders interessant ist, dass das Phänomen Wurst weit über die Kreise der einschlägigen Musikszene diskutiert und Bewertungen unterzogen wird. Im Zuge der Vorwahlphase zum europäischen Parlament bemüßigen sich auch gewisse Politiker, ihr Statement dazu abzugeben.

Da gibt es solche, die vor kurzem zu Wutpolitikern mutierten und zuvor in Fremden ihre Feindbilder fanden, um sich dann die Diskussionen um Conchita durch ihr argumentatives Windschattenfahren als Wurst um den Hals hängen. Um in die Schlagzeilen zu kommen, ist manchen Populisten alles recht. Der Grund dafür ist, dass man merkt, dass es beim Ausgang der EU-Wahl auch politisch um die Wurst geht.

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums von links und rechts gibt es jene, die von den vorher Beschriebenen als Gutmenschen apostrophiert werden. Diese haben die Toleranz als Patent politisch gepachtet. Die Bekenner und Vertreter dieser politischen Richtung kommen aus der Phase einer selbstgerechten Empörung gar nicht heraus und ergehen sich bei sonstiger Friedfertigkeit in militanten Tönen im Kampf gegen Ignoranz und Intoleranz.

Man erinnert sich an den Titel des Stücks von Shakespeare „Viel Lärm um Nichts“, wenn man den Emotionspegel betrachtet, den die Kunstfigur Conchita Wurst nur durch Ihre Erscheinung erzeugt und dabei geht es noch gar nicht um die Bewertung der Gesangsqualität der bärtigen Primadonna. Man kann Herrn/Frau Wurst zur erfolgreichen Promotion für ihren Auftritt beim Song Contest nur gratulieren. Hut, aber nicht Bart ab, kann man mit gewisser Ironie sagen, da haben die Verantwortlichen für die Entsendung zum Song Contest diesmal einen guten Griff getan.

So richtig freuen können sie sich - und das ist typisch österreichische Seele - auch nicht, sie müssen den modern gewordenen Shitstorm erleben, der gleichzeitig von einem Teil der Gebührenpflichtigen über sie herein bricht. Das Pikante an dem Faktum ist, dass ihre Förderer entweder im Argumentationsnotsand oder ganz einfach untergetaucht sind, während Conchita Wurst auf der Aufmerksamkeitswelle nicht ohne Lustgewinn reitet.

Conchita hat in diesem Falle auf alle Fälle gewonnen. Die sonst so charmanten Österreicher so konsequent die wahre Meinungsnatur entblößend vorzuführen, das zeigt von Intelligenz, aber vor allem Konsequenz im nächsten Schritt auf dem Weg zu einer vielleicht politischen Kariere. Wie sagte Herr Straub in der legendären Lottosendung: „Alles ist möglich!“ und besonders in Österreich, wie man sieht.