Mittagsjournal – Unschuld bewiesen! Oder doch nicht?
Es ist schon fast rührend, mit welchem Einsatz die kampferprobte Journalredaktion von Ö1 beharrlich versucht, den stolzen Wiener Gemeindepolitiker Ernst Nevrivy vom Verdacht reinzuwaschen, er könnte bei der Vergabe einer begehrten Kleingartenparzelle an einem hübschen Teich in Wien-Breitenlee bevorzugt worden sein und geahnt haben, dass das hübsche Fleckchen Erde und Wiese plötzlich viel mehr wert sein. Diesmal sollte ein ausführlicher Beitrag im Mittagsjournal dazu beitragen, die völlige Unschuld des sogar bei manchen Parteifreunden ins Zwielicht geratenen Politikers zu untermauern.
Zur Verteidigung Nevrivys wurde Wilhelm Wohatschek aufgeboten. Dieser Mann ist nicht nur Präsident des Zentralverbandes der Kleingärtner, sondern auch Geschäftsführer einer Projektentwicklungs GmbH in diesem Bereich. Dass man das Grundstück ausgerechnet Nevrivy zum Kauf angeboten habe begründete der Kleingärtnerpräsident damit, dass er vermutet habe, dass der Politiker über das nötige Kleingeld für den Kauf der Gartenparzelle verfüge.
Dass der Bezirksvorsteher schon vor anderen gewusst haben könnte, dass die Gartenparzelle zu Baugrund umgewidmet werden könnte, hält Wohatschek für ausgeschlossen. Er glaubt auch nicht, dass Nevrivy über Insiderwissen bezüglich der Umwidmung verfügt haben könnte. Dass sich gelernte Wiener das sehr wohl vorstellen können, war nicht Thema der Erörterungen. Womit die Unschuld von Politikern, die zur rechten Zeit günstig eingekauft haben, so gut wie erwiesen ist.
Bemerkenswert ist nicht nur, dass sich die Journalredaktion von Ö1 so ausgiebig mit dem Thema befasst, sondern auch die Platzierung des Beitrages. Vor der Verteidigungsrede des Kleingärtnerpräsidenten meldet Ö1 eine weitere Niederlage der WKStA, als nächster Beitrag folgt ein Bericht über die Vergabe des Medizinnobelpreises. Da soll noch irgend jemand behaupten, Kleingärten hätten in Österreich einen geringen Stellenwert.