Mit unüberhörbarer Verzweiflung spürte man im Ö1-Abendjournal den Gründen für den grandiosen Wahlsieg Viktor Orbans in Ungarn nach. Obwohl der ORF seit Jahren vehement Stimmung gegen Orban macht, waren Ungarns Wähler wieder einmal zu blöd und haben den Regierungschef mit einer noch größeren Mehrheit ausgestattet.
Wahrscheinlich hören die Ungarn zu wenig ORF, sondern konsumieren doch lieber ungarische Medien.
Die Ö1-Moderatorin machte schon in ihrer Einleitung zum Beitrag deutlich, was sie davon hält: Orban habe sich „zu einem Anti-EU-Symbol entwickelt“. Dabei ist die Linie des Wahl-Triumphators seit Jahren klar: Man darf zugleich ein EU-Befürworter sein, aber wenn notwendig in Brüssel verordnete Maßnahmen auch kritisieren.
Das ist vermutlich genau das, was sich EU-Bürger, die nicht am linken Rand der Gesellschaft angesiedelt sind, in allen EU-Mitgliedsländern wünschen würden.
Wieder einmal hat der ORF unter Beweis gestellt, dass demokratische Wahlergebnisse vom gebührenfinanzierten Sender nur dann Lob ernten, wenn die Richtigen gewinnen. Orban gehört nicht zu diesen Richtigen, weil er nicht links genug ist und zu allem Überdruss lieber die Interessen der Ungarn in der EU vertritt, als die Interessen der EU in Ungarn.
Vor allem: Er ist kein Gutmensch und hat seit dem Jahr 2015 der für sein Land bedrohlichen Flüchtlingswelle energisch einen Riegel vorgeschoben und dafür bereitwillig Tadel aus dem Ausland akzeptiert. Er sei in erster Linie seinen Wählern verpflichtet, hatte er immer wieder betont. Dass die Ungarn deshalb nicht die Feinde von echten Kriegs-Flüchtlingen sind, hat die Flüchtlingswelle aus der Ukraine bewiesen. Diese Flüchtlinge – meist Frauen mit Kindern – wurden in Ungarn herzlich empfangen und betreut.
Die Ungarn haben Orbans Bevorzugung der ungarischen Interessen – trotz massiver Kampagnen aus dem In- und Ausland, offenbar besonders positiv empfunden. „Er hat immer eingehalten, was er uns versprochen hat. Er ist ein guter Ministerpräsident“, sagte ein auf der Straße befragter Passant ins ORF-Mikrofon.
Nichts genützt hat der Opposition in Ungarn auch, dass sich von Linksradikalen bis zu Rechtsradikalen alle Orban-Feinde für die Wahl verbündet haben. Die Nicht-Linken fühlten sich bei Orban besser aufgehoben als bei dubiosen Splitterparteien, die Linken Ungarns sind zu wenige, um Orban auch nur ein wenig anzukratzen.
Verantwortlich für Orbans Wahlsieg sei ein unfaires Wahlsystem zu Orbans Gunsten und Orban-freundliche Medien, konstatierte Ö1. Hätte Orban nicht seit vielen Jahren das Vertrauen seiner Wähler erworben, bestätigt und ausgebaut, dann hätte das selbe Wahlsystem seinen Widersachern zu einem großen Sieg verholfen.
ORF-Frau Birgit Schwarz berichtete aus Ungarn: Wladimir Putin hat Orban zu seinem Wahlsieg gratuliert, die EU-Kommission nicht. Orbans Wählern wird das vermutlich ziemlich gleichgültig sein.