Dass sich Artikelschreiber beim ORF und seinen vorgelagerten Agenturen schwertun, Wetter und Klima zu unterscheiden, dürfte allgemein bekannt sein. Trotzdem schaffen sie es mit ihren Artikeln immer wieder, ihre eigenen diesbezüglichen Unbedarftheits-Rekorde zu überbieten. Oder ihre Unverfrorenheits-Rekorde, wenn es darum geht, dem Medienkonsumenten bewusst kleine, handverlesene Wirklichkeits-Stückchen als ganze Wahrheit zu verkaufen.
Diesmal schockiert uns der ORF mit der Horror-Meldung: „Grönländischer Eisschild schmilzt derzeit enorm!“ Als ob das noch nicht reichen würde: „Im Sommer 2019 war in Grönland eine Rekordschmelze registriert worden.“
So weit, so richtig. Das war’s aber auch schon. Denn wieder einmal nimmt der ORF kleine Details heraus und bläst sie so richtig auf. Man kann sich gar nicht erwehren, vor dem geistigen Auge ist Grönland eine eisfreie Landschaft.
Ein ganz anderes Bild erhält man, wenn man in die Originalquelle der dänischen Wetterbehörde DMI hineinschaut (polarportal.dk): Trotz der tageweisen und damit kurzzeitigen Schmelzphasen weisen sowohl 2019 als auch 2021 einen Gesamtzuwachs für den Grönlandeisschild auf. Und was noch wichtiger ist: Der heurige, seit September 2020 gemessene Zuwachs wuchs nicht nur im ungefähren Verlauf des langjährigen Mittels von 1981 bis 2010 – nein, im Augenblick liegt dieser sogar über dem genannten Mittelwert! In Grönland ist es also diesen Sommer in Summe noch gar nicht so warm gewesen…
P.S.: Dass ich es nicht vergesse: DMI betreibt noch ein anderes Internetportal namens ocean.dmi.dk. Und dort wird Ungeheuerliches veröffentlicht: auch in der Arktis sind in diesem Sommer die täglichen Durchschnittstemperaturen größtenteils unter dem jeweiligen Mittelwert der Jahre 1958-2002 gelegen!