ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Herbert Kaspar (ORF Ö1 Sa, 05.06.2021, 12:02)
Mittagsjournal

„So wie wir die ÖVP kennen…“ Ö1-Hörer sind wahrlich nicht verwöhnt, was die Fairness bei Interviews mit Nicht-Linken Politikern betrifft, was sich Frau Katja Arthofer allerdings im Mittagsjournal vom 5. Juni 2021 beim Interview mit Vizekanzler Werner Kogler geleistet hat, ist ein besonderer Tiefpunkt an Parteilichkeit und Gehässigkeit.Zur Einleitung ging es um die Frage ob der Kanzler zurücktreten müsste, „wenn er verurteilt würde“, wie Frau Arthofer suggeriert – das war immerhin noch im Konjunktiv.

Aber dann ging es – no na – um die ungehörigen Attacken der ÖVP auf die „unabhängige Justiz“; eine von Journalisten und Oppositionspolitikern gern verwendete Falschbezeichnung, denn die Kritik der ÖVP an Staatsanwaltschaft und Justizbürokratie betrifft keinesfalls die – tatsächlich – unabhängige Richterschaft, sonder weisungsgebundene Behörden.

Solche Feinheiten kümmern Frau Arthofer wenig, wenn sie besorgt von den ÖVP-Attacken auf die Justiz schwadroniert. Und als sogar Kogler meint, dass sich das „die ÖVP abgewöhnen wird“, meint die Interviewerin trotzig „bis jetzt aber nicht“ und setzt noch nach „so wie wir die ÖVP kennen, sind solche Dinge orchestriert.“ Darauf fiel dann sogar dem dankbaren Kogler nichts mehr ein; war ja auch keine Frage.

Wenn Frau Arthofer die ÖVP so gut kennt, warum hat sie das Interview nicht gleich mit sich selbst geführt? Und wen meint sie mit „wir“ in „soweit wir die ÖVP kennen“? Sich selbst und Herrn Kofler als augenzwinkernde Verbündete gegen das Böse in der österreichischen Innenpolitik? Oder meint sie sich und ihre gleichgerichteten Journalisten-Kollegen in ihren Echokammern, wo man unter sich ist und ohne Rücksicht auf das Publikum die eigenen Vorurteile austauschen kann? Das kann ein nettes Wohlfühl-Hobby sein, aber bitte nicht im Gebührenfunk, wo zahlende Hörer eine halbwegs seriöse Berichterstattung verdient hätten.

Ein paar Minuten später kritisiert Frau Arthofer dann doch noch tatsächlich die Grünen, weil sie in der Regierung für ihre Themen zu wenig PR machen und der ÖVP zu viel Spielraum geben. Und beim Thema Vermögenssteuer hält sich Frau Arthofer nicht viel mit Fragen auf, sondern fordert Kogler auf, doch endlich in diese Richtung tätig zu werden.

Linksfunk vom feinsten –wieder einmal.