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Andreas Lindner (Online Do, 17.09.2020, 09:51)
Alles bloß 'Wien-Bashing'
Link: orf.at

orf.at schafft zur Zeit das Kunststück, einerseits ein großes Titelbild mit der Schlagzeile "'Bashing' - das ÖVP-Kalkül für die Wien-Wahl" zu veröffentlichen, darauf abgebildet Blümel und Kurz, und gleichzeitig daneben ein kleineres Bild mit dem Titel "Risikogebiet - Wiener Hotellerie besorgt".

Beide Schlagzeilen stehen aber in direkten Zusammenhang.

Wiederholt hatten sowohl Kanzler Kurz, als auch Gernot Blümel in den vergangenen Wochen die Stadt Wien für ihren laxen Umgang in der Corono-Bekämpfung kritisiert. Und ja, es ist Wahlkampf in Wien und ja, Blümel ist ÖVP-Spitzenkandidat. Aber auch die SPÖ - welche Wien seit gefühlt 100 Jahren regiert - führt einen Wahlkampf und dieser ist darauf ausgerichtet nur ja kein negatives Schlaglicht auf das sozialistische Vollkasko-Wohlfühlgefühl der SPÖ-Wien kommen zu lassen.

Die Vermutung liegt daher nahe, dass es eher Wahlkampfkalkül der SPÖ war, die Anti-Corona-Maßnahmen über den Sommer eher locker anzulegen. Und für Kritik "vom Bund" an den Schutzmaßnahmen in Wien hat die SPÖ-Wien ein passendes Wording gefunden, einen Narrativ, wie man heute sagt: das "Wien-Bashing" (der ÖVP). Der ORF berichtet dann immer ausführlich über die Kritik an der Kritik, das hat Methode - wenn linke Politiker kritisiert werden, wird die Kritik einfach umgedreht und an den Absender gerichtet, um von der Kritik abzulenken.

Auch als Innenminister Nehammer im Sommer die überaus laxen Quarantäne-Kontrollen für Wiener Asylheime kritisiert hat, wo sich teilweise covid19-infizierte Asylwerber frei in der Stadt bewegt hatten, war die Antwort der Wiener SPÖ-Politiker natürlich prompt: "Wien-Bashing"! Und auch dieses SPÖ-Stöckchen haben ORF-Journalisten brav apportiert. Sie haben wiederholt das SPÖ-Narrativ 'Wien-Bashing' zitiert, um es nur ja nachhaltig unters Wählervolk zu bringen.

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker wird zwar hin und wieder ins ZiB2 Studio eingeladen; diese Interviews dienen aber offenbar eher als Unterstützung, sich als 'cooler Typen' darzustellen. Ein Armin Wolf-Interwiev etwa mit ÖVP-Kurz oder -Blümel verläuft komplett anders als eines mit SPÖ-Peter Hacker.

Als vor rund zwei Wochen in der 'Corona-Ampel' Kommission diskutiert worden ist, Wien auf Orange zu setzen, haben sich Vertreter der Stadt dagegen gewehrt, die Ampel blieb auf Gelb (vorerst jedenfalls). Am nächsten Tag, nach dieser Blockade, trat dann Peter Hacker breitbeinig vor die Presse, um etwas schärfere Sicherheitsmaßnahmen für die Stadt Wien zu verkünden. Der ORF hat auch hier brav mitgespielt. Es wurde die Message der SPÖ-Wien transportiert: Wir haben alles im Griff, Peter Hacker ist der Hero.

Objektiviert betrachtet, bekommt Wien jetzt die Rechnung präsentiert, mit der deutschen Reisewarnung für die Österreichische Hauptstadt. 

Und darauf nimmt eben die zweite Titelgeschichte auf orf.at Bezug.

Der deutsche Botschafter sagt dazu im Ö1-Morgenjournal als Antwort auf den weinerlichen ORF-Moderator Rainer Hazivar: Die deutsche Regierung treffe hier eine "unbestechliche Entscheidung". Wen er mit unbestechlich, im Sinne von Objektiv und ohne politisches Kalkül, gemeint haben könnte ...?

orf.at lenkt mit der Schlagzeile "Risikogebiet - Wiener Hotellerie besorgt" wohl absichtlich die Aufmerksamkeit von der verantwortlichen SPÖ-Politik weg zur nun massiv betroffenen Tourismuswirtschaft.

Zwischen der großen Schlagzeile "Wien-Bashing" und jetzt "Risikogebiet" eine Verbindung herzustellen, dass muss offenbar unter allen Umständen vermieden werden. Schließlich ist Wahlkampf in Wien. Und ein Genosse im ORF kratzt einem Genossen im Wiener Rathaus aber sicher kein Auge aus. Wo kommen wir da hin.

Die Krone titelt übrigens zur Reisewarnung für Wien heute: "München im Kampf gegen Corona strenger als Wien".

Möglicherweise wäre es dazu nicht gekommen, wenn auch der ORF als eigentlich zur Unabhängigkeit verpflichtete Sendeanstalt objektiv über Kritik und laxe Maßnahmen der Stadt Wien berichtet hätte. Aber offenbar sehen ORFler ihre primäre Aufgabe eher darin, der SPÖ auch noch zu den nächsten 100 Jahren als regierende Partei in Wien zu verhelfen.

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