Nicht einmal die halbe Wahrhheit erfährt man im ORF über die wichtigste innenpolitische Nachricht des Tages, also über den Rücktritt der Verfahrensrichterin im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Da wird gleich zweimal allen Ernstes behauptet, sie sei "wegen heftiger Kritik der Opposition" zurückgetreten. Die Wahrheit ist geradezu das Gegenteil: Sie ist wegen einer ordinären Beschimpfung durch die Neos-Abgeordnete Krisper zurückgetreten, für die sich diese nicht einmal entschuldigt hat. Wörtlich: "Die geht mir am Oasch".
Die Richterin ist auch desbals nicht wegen der Kritik zurückgetreten, weil jeder Richter eine solche hunderte Male erlebt hat, ist doch auch jede Berufung eine Kritik. sie ist zurückgetreten, weil sie ungeschützt dem skandalösen Benehmen der Abgeordneten ausgesetzt gewesen ist. Ilse Huber wörtlich: "Die höchst abfällige Äußerung einer Fraktionsführerin und der darauf folgende öffentliche Diskurs sind für mich ohne Beispiel. So etwas habe ich in meiner jahrzehntelangen Laufbahn als Richterin noch nie erlebt und so etwas hätte ich auch niemals erwartet."
Jedoch: Nichts davon erfährt man im ORF. Weder den Ausspruch der Frau Krisper. Noch den wahren Grund des Rücktritts der Frau Huber oder auch nur ein einziges ihrer Worte. Statt dessen wird von heftiger Kritik an ihr schwadroniert.
Widerlich verlogen ist geradezu ein Hilfszeitwort für eine solche Berichterstattung.
Um diese Linie fortzusetzen, lädt man dann gleich zwei sehr, sehr linke Journalistinnen in die ZiB 2 ein. Und in der ZiB 1 lenkt man durch breite Berichterstattung über den versuchten Gegenangriff der drei Oppositionsparteien rasch von dieser Peinlichkeit für die Neos ab. Obwohl dieser eine auf den ersten Blick erkennbare weitere widerliche Infamie ist: Zuerst bringt man eine anonyme Anzeige gegen den vorsitzführenden Präsidenten ein wegen eines rechtlich völlig korrekten Inserats um einen vierstelligen Betrag. Dann verlangt man einen Monat später genau zu jenem Zeitpunkt seinen Rücktritt, an dem die Opposition durch Krispers Eklat besonders blöd dasteht. Und der ORF greift das Hölzl begierig auf: "Immer mehr in der Kritik steht auch Sobotka" ...
Ganz einseitig - und im Gegensatz zu allen anderen mehr um Objektivität bemühten Sender erst am Schluss der Sendung - wird auch über die schon tagelang anhaltenden türkisch-kurdischen Straßenkämpfe berichtet, die sogar schon alle deutschen Medien erreicht haben. Mit einer von der ersten Sekunde an einseitigen Schlagseite "Attacken von Türken auf Kurden in Wien". Nichts erfährt man dabei davon, dass die armen attackierten Kurden unter Hammer und Sichel demonstrieren, dass auch die Kurden Polizeiabsperrungen durchbrochen haben, dass sich auch die Grüne Vizebürgermeisterin Hebein unter die Demonstrierenden gemischt hat. Und dann wird als scheinbar objektiver Experte ein - höflich ausgedrückt: - umstrittener Politologe interviewt, der vor wenigen Monaten ein so einseitiges Buch über die Türkei geschrieben hat, dass ihm nicht einmal die USA die Einreise erlaubt haben (wo man wenig Lust auf Randale wegen eines linken Österreichers hat).
Keinerlei Sympathie für die demonstrierenden Türken (wie ich an andere Stelle breiter ausführe): Aber es ist geradezu lächerlich, wie einseitig pro-kurdisch berichtet wird, sobald sich die Grünen hinter sie gestellt haben.