Die Servus-Nachrichten um 19.20 Uhr meldeten den Aufreger des Tages. Im großen transdanubischen Wiener Einkaufsparadies „Donauzentrum“ haben Jugendliche einen Rettungseinsatz gestört und das Rettungsfahrzeug an der dringenden Fahrt ins Spital gehindert. Das Opfer war nicht mehr zu retten und starb im Krankenhaus.
Sofort bot ich einigen mit mir vor dem Bildschirm Sitzenden eine Wette an: Ich setzte eine Flasche guten Weines darauf, dass diese Meldung in der gleich nach den Servus-Nachrichten folgenden ZiB 1 nicht auftauchen würde. Glücklicherweise waren unter den Nachrichten-Schauern gleich zwei nach wie vor ORF-Begeisterte. „Unmöglich“, sagte der eine, „so eine Nachricht kann kein Sender unter den Tisch fallen lassen.“ Ein Zweiter war seiner Meinung und wagte die Wette auch.
Jetzt bin ich um zwei Flaschen Wein reicher, denn die ZiB hat den Vorfall mit keiner Silbe erwähnt.
Die Servus-ZiB-Nachrichtenwette – man wählt in den Servus-Nachrichten eine besonders aufregende Meldung, von der man überzeugt ist, dass sie in der ZiB nicht gebracht werden wird – lässt sich fast täglich spielen und gewinnen. Vor allem gilt das für Nachrichten, aus denen man schließen könnte, dass die rasch gewachsene Zahl an jungen Männern mit Migrationshintergrund, allzu viele Österreicher beunruhigen könnte. Aber gute Chancen haben auch Meldungen, wenn irgend etwas Belastendes über Rot oder Grün zu berichten wäre.
Wahrscheinlich hat es sich bei dem „Spielchen“ der Jugendlichen, das Rettungsauto am Wegfahren zu hindern, um eine lustige Mutprobe gehandelt. Einsätze von Polizei, Feuerwehr oder Rettungskräften zu behindern wird da immer beliebter, die Zahl solcher „Einzelfälle“ immer größer. Ordnungskräfte gelten für immer mehr Jugendliche als zu bekämpfende Feinde. So etwas zu melden ist natürlich unter der Würde der wichtigen ZiB-Redaktion.
Ganz unter den Tisch fallen lassen wollte man diese aufsehenerregende Geschichte im ORF aber doch nicht. In der lokalen Nachrichtensendung „Wien heute“ wurde der tödliche Vorfall als Kurznachricht gemeldet. Dafür wandte man immerhin 18 Sekunden auf. Da ging sich der kleine Zusatz, dass es sich bei zumindest einem der Täter um einen Jugendlichen mit Migrationshintergrund gehandelt habe, leider nicht mehr aus.