Die Sendung Studio 2 wird vom ORF offenbar vor allem für schlichte Gemüter produziert. Ein besonders plastisches Beispiel war ein ausführlicher Beitrag über Verschwörungstheorien – derzeit eines der Lieblingsthemen der Staatsfunker. Dazu interviewte der biedere ORF-Mann Jan Matejcek den aus ORF-Sicht fachkundigen Universitätsprofessor Jürgen Grimm von der Universität Wien.
Der Studio-2-Mann eröffnete das Interview mit der intelligenten Frage, warum Verschwörungstheorien vor allem in Krisenzeiten auftauchen. Die richtige Antwort darauf wäre gewesen: „Na wann denn sonst?“ Der Verschwörungstheorieprofessor formulierte die Antwort ein wenig höflicher, meinte aber das Gleiche.
Dann forderte Matejcek ein Patentrezept ein. „Wie erkennt man Verschwörungstheorien?“ In diesem Fall wäre die erwünschte Antwort vermutlich gewesen: „Indem man nur glaubt, was der ORF behauptet, denn der ORF weiß nicht nur alles, sondern die ORF-Mannen (und -Frauen) wissen alles besser.“ Die Antwort des Professors war wortreich, allerdings für den Zuhörer verbunden mit der Erkenntnis, dass Verschwörungstheorien, die man erkennt und widerlegbar sind, bald wieder verschwinden. Angebliche Verschwörungstheorien könnten auch die Realität sein.
Dann wurde der Professor gar kritisch. Es sei falsch, in den öffentlich-rechtlichen Medien niemand zu Wort kommen zu lassen, der vermeintliche Verschwörungstheorien vertritt.
Aus ORF-Sicht eine höchst unbefriedigende Aussage.
Zur Sicherheit hatte das Studio-2-Team mit Florian Petautschnig einen Mann aus der ZiB-Wissenschaftsredaktion als Interviewpartner vorbereitet. Nur wenn ORF-Redakteure einander gegenseitig interviewen, kann man sicher sein, dass das gewünschte Ergebnis herauskommt. Den Beweis, dass das Corona-Virus auf gar keinen Fall in einem Labor in Wuhan entwichen sein könnte, konnte natürlich auch der Redakteur nicht erbringen. Ein Argument von ihm war allerdings ungewollt verräterisch: „Alle Forscherinnen und Forscher, mit denen wir gesprochen haben, sind der Meinung, dass das Virus von einem Tier kommt.“
Nun gibt es zwar auch sehr namhafte und erfahrene Wissenschafter, die der verschwörungstheoretischen Meinung sind, das Virus könnte sehr wohl in einem Labor designt worden sein, aber solche Leute werden vom ORF nicht gefragt sondern – falls sie überhaupt erwähnt werden – als verwirrte Deppen hingestellt. Verschwörungstheoretiker eben.
Dabei hat der ORF viel Erfahrung mit der Produktion von Verschwörungstheorien. Ein Beispiel von vielen ist der Umgang der Staatsfunker mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Dem wurde mehrfach unterstellt, das Parlament seines Landes ausgeschaltet zu haben, um künftig uneingeschränkt als Diktator zu wirken. Das war schon deswegen Unsinn, weil seine Partei in diesem Parlament ohnehin über eine Zwei-Drittel-Mehrheit verfügt. Es ging bei dieser „Ausschaltung des Parlaments“ nur darum, in Sachen Corona bei Bedarf notwendige Maßnahmen rasch umzusetzen. Nun hat Orban dem Parlament – wie davor angekündigt – wieder alle Befugnisse zurückgegeben. Darüber berichtet der ORF nur sehr widerwillig.
Wen wundert es da, wenn immer mehr Leute den ORF für den eigentlichen Verschwörungstheoretiker und Fake-News-Produzenten in diesem Land halten?