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Werner Reichel (Ö1 Di, 19.05.2020, 08:00)
Journal um acht

Zu den Lieblingsbeschäftigungen von Ö1-Redakteuren zählt, sich gegenseitig zu interviewen. Verständlich, wenn man sich und die Seinen zur intellektuellen Oberschicht zählt. Wer könnte Otto NormalverbraucherIn die Welt und die Vorteile des Sozialismus besser erklären? Eben.

Heute durfte im morgendlichen Nachrichten-Journal einmal mehr Edgar Weinzettl ran. Er besprach mit seiner Kollegin den Wechsel im grünen Kulturstaatssekretariat. Hier zeigte sich einmal mehr, wie weit linke Selbstwahrnehmung von der Realität entfernt ist.

Da meint Herr Weinzettl, die Kulturszene habe eben keine Lobby bei den Türkisen. Die Kunst habe keine Lobby. Der war gut. Die sogenannten Kulturschaffenden gehören zur wichtigsten Säule linker Macht, sie sind für ihr kulturelle Hegemonie unerlässlich, sie sind die treibende Kraft beim Umbau der Gesellschaft. Dieser Macht, diesem Druck kann und will sich die ÖVP nicht entziehen.

Der Wut-Auftritt des Klein- und Staatskünstlers Lukas Resetarits reichte, um Lunacek aus dem Amt zu fegen. Obwohl die erfolglose Ex-Grünenchefin eigentlich gar nichts dafür könne, analysiert Weinzettl munter weiter. Überraschung! Wann hat je ein Grüner beim ORF etwas dafür gekonnt? Eher geht ein Babyelefant durchs Nadelöhr. Doch, man traut seinen eigenen Ohren nicht, den größeren Schaden habe ihr Chef, der Vizekanzler, angerichtet. Sagt Weinzettl!

Keine Sorge, nur ein dramaturgischer Kniff. Natürlich ist nicht Kogler schuld, sondern der Koalitionspartner. Wer sonst? Kogler habe sich halt nicht gegen die kulturlosen Türkisen durchsetzen können. Das ist die im ORF die einzig erlaubte „Kritik“ an den Grünen, die es ja immer nur gut meinen: Sie würden die Interessen und Ziele der Linken nicht konsequent genug umsetzen und die Klassenfeinde nicht engagiert genug bekämpfen.

Die Kultur habe man, doziert Weinzettl weiter, unter Türkis-Blau „ruhiggestellt“. Und das habe er noch freundlich ausgedrückt, betont der Ö1-Experte. Aha. Inwiefern? Was haben Türkise und Blaue den Künstlern damals Schröckliches angetan?

Ist den dummen Bürgern etwas entgangen? Nun ist zwar bekannt, dass sich Linke - insbesondere Medienmenschen und Kulturschaffende - gerne als Opfer eines in der Regel selbst erschaffenen, übermächtigen rechten Feindes darzustellen versuchen, aber völlig an der Realität vorbeigehen sollte diese Inszenierung nicht, sonst bekommt sie einen paranoiden Touch. Weinzettls Erklärung in drei Worten, wie und warum es zum Konflikt zwischen Lunacek und der Kulturszene gekommen ist: Türkis ist schuld.

Klar, die FPÖ kann in diesem Fall selbst ein begabter linker Journalist wie Weinzettl nur am Rande als bösen Gegenspieler einbauen. Bleiben die Türkisen. Wie gesagt, niemand kann den Gebührenzahlern die Welt und politische Sachverhalte so einfach und verständlich erklären wie unsere Helden vom ORF