ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Andreas Unterberger (ORF 2 Di, 05.05.2020, 19:30)
Zeit im Bild 1

Das ist schon eine absolute Kunst: eine überlange „Zeit im Bild“ füllen zu müssen (die Wirtschaft weiß mit ihrem knappen Geld derzeit ja offensichtlich Besseres zu tun, als es in die Werbeabteilungen des ORF zu tragen), dabei aber die beiden weitaus interessantesten Themen des Tages mit keiner Silbe zu erwähnen. Die überdies doppelt interessant wären, weil sie beide einmal keine Corona-Themen sind. Weil sonst eigentlich nichts Aufregendes passiert ist.

Das eine Thema wäre europa-, rechts- wie wirtschaftspolitisch hochgradig relevant. Das andere wäre ein emotional ungemein aufregendes Gerichts- und Vergewaltigungs-Thema.

Nix da, das alles hat die Gebührenzahler nicht zu interessieren. Stattdessen wird zuerst mehr als viereinhalb Minuten – also für Fernsehen unglaublich lang – im Stile des nordkoreanischen TV ein historischer Gedenktag abgehandelt, samt Kranzniederlegung und staatstragenden Reden. Und dann wird mit unerbittlicher Konsequenz ein Corona-Thema nach dem anderen abgehandelt.

Beginnend(!) mit der täglichen Statistik, die immer mehr Österreicher schon an Stelle eines Schlafmittels benutzen; fortgesetzt mit dem fünfzigsten Aufkochen der Causa Ischgl (mit der einzigen Neuigkeit, dass der Polizeibericht unbekannten Inhalts 100 Seiten hat); fortgesetzt mit internationalen Todeszahlen (wobei weiterhin die völlig aussagefreien absoluten Zahlen miteinander verglichen werden statt der einzig relevanten Zahl von Toten pro 100.000 Einwohnern – aber so kann man halt die einwohnerstarken USA und Großbritannien täglich in ein schlechtes Licht rücken); fortgesetzt mit der täglichen Regierungs-Pressekonferenz (bei der der Gesundheits- und der Innenminister täglich murmeltierartig die gleichen Sätze sagen); fortgesetzt mit einer langen Liste von Corona-Geldforderungen an den Steuerzahler (Städtebund, AUA, Psychotherapeuten …); bis zu Corona-Korrespondentenberichten aus Israel und Spanien am Ende (eigentlich die noch relativ interessantesten Beiträge). Ach ja, dazwischen noch ein Beitrag über Familien in Zeiten der Corona, wozu ausgerechnet eine ehemalige linksradikale Studentenfunktionärin (als Expertin?) auftreten durfte.

Keine Silbe hingegen über das sensationelle und auch für Österreich höchst relevante Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtshofs, der die Käufe von Staatsanleihen durch die EZB scharf kritisiert und für die Zukunft von bisher unerfüllten Bedingungen abhängig macht. Dabei wäre vor allem auch berichtenswert gewesen, dass zum ersten Mal in der Geschichte der europäischen Integration ein nationales Gericht ein Urteil des EU-Gerichtshofs als „schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar“ zu ignorieren beschlossen hat. Das ist die spannendste Wendung in der EU seit dem Brexit. Aber den ORF interessiert das nicht. Oder man begreift dort die Bedeutung nicht.

Keine Silbe auch über den unglaublichen Skandal, wo ein niederösterreichischer Richter einen der Vergewaltigung samt mehreren Verletzungen des Opfers durch ein langes Messer verdächtigen afghanischen Asylwerber wegen angeblich unglaubwürdiger Aussagen des Vergewaltigungsopfers laufen lässt – noch bevor der DNA-Test vorliegt. Als dieser Test dann vorliegt und sehr wohl die Täterschaft des Mannes beweist, ist dieser spurlos verschwunden. Ganz Ostösterreich ist empört. Nur dem ORF ist das wurscht. Und Kritisches über Asylanten ist dort sowieso verboten.