Gesundheitsminister Anschober war nie ein Freund von Schutzmasken. Anfang März verkündete er via Kronen Zeitung: „Wir raten der Bevölkerung auch nicht an, Schutzmasken zu tragen.“ Und vorgestern sagte Anschober ebenfalls in der Kronen Zeitung zum Tragen von Masken: „Eine flächendeckende Ausstattung hat aus meiner Sicht keinen Sinn. Für das Alltagsleben ist das nicht erforderlich.“
Wer nichts vom Tragen von Schutzmasken hält, der kümmert sich auch nicht um deren Beschaffung. Wozu auch? Folglich gibt es in Österreich viel zu wenige davon. Weil wir auch über viel zu wenig Beatmungsgeräte verfügen und Österreich deshalb Zustände wie in Norditalien drohen, hat Bundeskanzler Kurz einen Tag nach dem Anschober-Interview in der Kronen Zeitung - offenbar gegen den Willen des grünen Ministers - eine Maskenpflicht angekündigt. Sie sollte ab morgen Mittwoch in allen Supermärkten gelten.
Doch für eine Maskenpflicht braucht man vor allem eines: Masken! Dank Anschober sind sie nicht ausreichend vorhanden. Weshalb die Maskenpflicht nun um eine ganze Woche nach hinten verlegt muss, was bei einer solchen Epidemie ein extrem langer Zeitraum ist.
Für den ORF stellt sich nun die Frage, wie verkauft man den Österreichern diese Verzögerung, ohne dabei auf das wiederholte Versagen des Gesundheitsministers aufmerksam zu machen. Ö1 löst dieses Dilemma so. ORF-Redakteur Weinzettl: „Während in Österreich die Zahl der Corona-Fälle die 10.000er Marke überschritten hat, wird die von der Regierung als zusätzliche Maßnahmen angedachte Maskentragepflicht in Supermärkten doch nicht morgen schon kommen. Offenbar hat man eingesehen, dass der Handel offenbar viel zu wenig Masken zum Verteilen hat.“
Ach, der Handel! Brav gemacht. Bevor ein ORF-Redakteur zugibt, dass sein geliebter grüner Gesundheitsminister etwas vergeigt hat, sich zum Beispiel rechtzeitig um Schutzmasken (oder Beatmungsgeräte) zu kümmern, schwurbelt man herum, versucht den Schwarzen Peter anderen zuzuschieben. Weil in diesem Fall selbst bei kreativster ORF-Berichterstattung die FPÖ nicht als Sündenbock herhalten kann, ist es eben „der“ Handel. Eine peinliche journalistische Schmierenkomödie.