Es gibt sie noch. Wirklich. Auch wenn sie im ORF praktisch nicht mehr vorkommt. Die Opposition. Es gibt sogar eine nichtlinke Opposition. Sie nennt sich FPÖ. Doch die kommt derzeit nur im ORF vor, wenn ein freiheitlicher Lokalpolitiker mit drei Bekannten eine Pizza essen möchte.
Der ORF hat einfach zu viel damit zu tun, die täglichen und mittlerweile ermüdenden PR-Veranstaltungen der Regierung zu übertragen, zu kommentieren, zu erklären und zu bejubeln. Zudem muss man seine Feindbilder und Vorurteile pflegen, also Fake News über Trump verbreiten und auf Orbán, Johnson und Bolsonaro schimpfen. Ob die FPÖ die Regierung und ihre Maßnahmen kritisiert oder nicht, wen kümmert das. Vor allem, weil wir eine Führung haben, die die Krise gut managt. Zumindest vermittelt der ORF den Österreichern diesen Eindruck.
Beispiel Ö1-Mittagsjournal: Nach ca.50 Minuten, also gegen Ende der Sendung, wird ein kurzer Beitrag über die FPÖ eingeschoben, den der Ö1-Sprecher mit den Worten „Rundumschlag der FPÖ“ einleitet, wo man lieblos ein paar kurze Statements zusammengeschnitten hat, die man im Eilzugstempo abspielt. Das hätte man sich gleich sparen können. Doch man versucht zumindest so zu tun, als ob man seinen gesetzliche Auftrag als öffentlich-rechtliches Informationsmedium ernst nehmen würde.
Die knappe und unmissverständliche Botschaft des Beitrags: Die blöden Rechtspopulisten betteln um Aufmerksamkeit, wettern gegen die umsichtigen und tollen Maßnahmen unserer nicht minder tollen Regierung.
Man stelle sich die umgekehrte Situation vor: Sebastian Kurz würde nicht mit den Grünen, sondern noch mit der FPÖ regieren. Die Opposition würde nicht nur nicht totgeschwiegen, sie würde die ORF-Berichterstattung beherrschen, den Großteil der Sendezeit ausfüllen. Jeder Kritikpunkt der Grünen und der SPÖ an den Maßnahmen der türkisblauen Regierung würden medial breitgetreten, ausgewalzt und durch linke Expertenmeinungen untermauert. Jede Corona-Maßnahme vom ORF gemeinsam mit der linken Opposition in Frage gestellt und heftig kritisiert, die Regierung für jeden Corona-Toten verantwortlich gemacht. Aber so.
Hätte eine Beate Hartinger-Klein die gleichen Maßnahmen wie Rudi Anschober getroffen, Grüne, SPÖ und ORF hätten sie schon mindestens ein Dutzend Mal zum Rücktritt aufgefordert.