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Werner Reichel (Ö1 Sa, 23.11.2019, 12:00)
Mittagsjournal - Im Journal zu Gast

Wolfgang Werth interviewt Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres. Gegen Ende des rund 17 Minuten langen Gesprächs geht es um ein Thema, das Werth und Szekeres gleichermaßen unangenehm ist. Um die ausufernde Gewalt in den heimischen Spitälern. Ganz ignorieren können sie es freilich nicht. Erst vor wenigen Tagen musste der ORF widerwillig berichten, dass 85 Prozent - in Worten: fünfundachtzig Prozent - der Mitarbeiter der Spitäler der Stadt Wien schon mindestens einmal von aggressiven Patienten bedroht oder attackiert worden sind.

Und weil man als Ärztekammerpräsident irgendwie auch die Interessen und Anliegen der Ärzte vertreten sollte, und es durchaus im Interesse der Spitalsärzte liegt, nicht verprügelt, bespuckt, beschimpft, beleidigt oder erstochen zu werden, muss er zumindest so tun, also ob ihn das Thema umtreiben würde. Was Szekeres allerdings nicht so richtig gelingen will.

Das Problem: Der ORF-Interviewer, der Ärztekammerpräsident und die Ö1-Hörer wissen – auch wenn es viele von ihnen niemals offen zugeben würden -, was die Ursachen für diese Gewaltexplosion sind, die ja nicht nur die Krankenhäuser betrifft.

Dank des enormen sozialen Drucks, der von oben ausgeübt wird, der Diskurshoheit der Linken und politisch korrekter Sprech- und Denkverbote darf und will man das Offensichtliche nicht aussprechen. Und weil man es weder aussprechen noch darüber nachdenken darf, eiert man eben peinlich herum und diskutiert über Randphänomene und Nebensächlichkeiten. Aufgrund dieser Ignoranz und Untätigkeit spitzt sich die Lage, nicht zuletzt aufgrund der demographischen Entwicklungen, immer weiter zu.

Auf die Frage, ob sich seit dem Sommer etwas in Sachen Gewaltprävention in den Krankenhäusern getan habe, antwortet Szekeres: „Es hat mehre Umfrage gegeben und es wurde bestätigt, dass Gewalt in Spitälern ein Problem darstellt.“ Gratulation! Nach dem bereits fast jeder Spitalsmitarbeiter in Wien attackiert worden ist und ein Kardiologe im Sommer niedergestochen wurde, konnte man sich darauf einigen, dass das kein Spaß ist, sondern ein Problem darstellen könnte. Vielleicht kommt man in rund einem Jahr zu der Erkenntnis, dass man auch etwas dagegen tun sollte.

Szekeres kennt die wahren Ursachen des Gewaltproblems, trotzdem nennt er als Hauptgrund im Ö1-Interview die langen Wartezeiten in den Ambulanzen. Klar, die autochthonen Senioren werden nach drei Stunden Wartezeit rabiat und gehen mit dem Rollator auf die Kranschwestern los. Und weil das so ist, kann man das Gewaltproblem auch ganz einfach lösen: Man stockt das Personal auf und verkürzt damit die Wartezeiten. So einfach kann das Leben sein. In der linken Meinungsblase.

Märchenstunde im ORF. Doch der Ö1-Redakteur fragt nicht nach, bringt den Präsidenten nicht in die ungenehme Lage, Position beziehen und sich ernsthaft mit der Problematik auseinandersetzen zu müssen. Das kann der Ö1-Redakteur nicht, will er nicht, darf er nicht.

Es ist erschütternd, zu hören, dass sowohl dem ORF-Menschen als auch dem Ärztekammerchef die Einhaltung der politisch korrekten Vorgaben wichtiger sind als die Unversehrtheit des Spitalpersonals. Würde man die wahren Ursachen auch nur erwähnen, könnte man ja ins rechte Eck gestellt werden.

Der Ärztekammerchef hält lapidar fest, er gehe davon aus, dass nun Maßnahmen gesetzt werden. Von wem auch immer. So genau weiß das niemand. Keiner fühlt sich zuständig, keiner will sich die Hände mit jenen Problemen verbrennen, die man selbst so freudig und unter viel Applaus ins Land geholt hat.

Das erinnert an die Vorgänge im englischen Rotherham, wo über viele Jahre Hunderte britische Mädchen vergewaltigt, missbraucht und zur Prostitution gezwungen worden sind. Die Polizei, Sozialarbeiter, Behörden und wohl auch viele lokale Journalisten wussten davon, jahrelang hat niemand von ihnen etwas unternommen, weil sie sich nicht des Rassismus bezichtigen lassen wollten. Die Peiniger waren nämlich fast ausschließlich Pakistanis.

Auch beim Thema Spitalsgewalt ignoriert man aus ideologischen Gründen, aus Feigheit und Duckmäusertum die wahren Ursachen. Man nimmt dafür in Kauf, dass Ärzte und Pflegepersonal Tag für Tag bedroht und attackiert werden.

Würde der ORF seine öffentlich-rechtlichen Aufgaben halbwegs ernst nehmen, würde er Programm für die Bürger und nicht für seine linken politische Freunderln und sich selbst machen, könnte er viel bewegen, könnte er die Verantwortlichen unter Druck setzen und zum Handeln zwingen. Nicht nur das im Stich gelassene Spitalspersonal, sondern auch die vielen Patienten, die nicht gleich aggressiv werden, wenn sie länger warten müssen, würden es dem milliardenschweren Gebührenfunk danken.

Aber dem ORF sind die linke Multikulti-Utopie und die Unterstützung bzw. das Wohlwollen seiner grünroten Amigos wichtiger als bespuckte, beleidigte und demotivierte Spitalsmitarbeiter, die nur Kollateralschäden auf dem Weg zu einer besseren, einer linkeren Gesellschaft sind.