Fürs Archiv: Hier der Wortlaut im Abspann zur ECO-Sendung vom 22.9., damit zumindest die wenigen Verstöße des ORF gegen das Objektivitätsgebot, die auch offiziell (neben den hier auf ORF-Watch fast täglich aufgezeigten Verstöße) von der KommAustria gerügt werden, nicht allzu schnell wieder in die gewünschte Vergessenheit geraten:
„In der Sendung ‚ECO‘ wurde am 18.10.2018 um ca. 22:30 Uhr im Programm ORF 2 ein Beitrag über Firmenübergaben innerhalb der Familie ausgestrahlt. In diesem Beitrag wurde über eine angeblich gescheiterte Firmenübergabe in einer österreichischen Unternehmerfamilie berichtet und es wurden aus dem Zusammenhang gerissene Passagen eines Interviews aus dem Jahr 2011 (sic!) verwendet, ohne dass den Beschwerdeführern Gelegenheit gegeben wurde, sich dazu zu äußern. Der ORF hat dadurch gegen das Objektivitätsgebot des ORF-Gesetzes verstoßen.“
Na dann. In einem Beitrag des Jahres 2018(!) aus dem Zusammenhang gerissene Passagen eines Interviews aus dem Jahr 2011 (!!) zu verwenden. Ich muss gestehen, ein derart unglaubliches Ausmaß an Manipulation hätte ich nicht einmal linken Haltungsjournalisten im ORF zugetraut. Aber offenbar war es genau so.
Es heißt ja so schön, dass das Archiv die Waffe des Journalisten sei. Hier wurde diese Waffe offenbar mit niedrigen Motiven eingesetzt, denn es ist eigentlich ausgeschlossen, dass dem den Beitrag erstellende Redakteur nicht aufgefallen ist, dass er ein sieben Jahre altes Interview in seinen Beitrag einbaut.
Auf die blauäugige und unglaubwürdige Ausrede des ORF im Zusammenhang mit dem Abwerzger-Interview in Tirol sei in diesem Zusammenhang verwiesen. Nur gut, dass sich die dadurch betroffene Unternehmerfamilie offensichtlich mit Erfolg dagegen gewehrt hat. Aber in den überwiegenden Fällen der Verstöße durch den ORF kommt es ja niemals zu einer Anzeige bei der KommAustria und somit zu keinem Verfahren und keiner Verurteilung.
Interessant ist auch, dass in derselben ECO-Sendung vom 22.9. – eigentlich den einzigen 30 Minuten während einer ganzen Woche im ORF, wo der in den Augen von ORF-Journalisten lästige und eher unwichtige Bereich „Wirtschaft“ abgedeckt wird – es gleich im ersten Beitrag um eine Kulturförderung geht. Ja, bei „Kultur“ da sind die Kanalarbeiter sattelfest. Das ist ihr Metier. Da macht ihnen niemand so leicht was vor. Kultur kommt im ORF ja täglich ausreichend vor.
Also war man gespannt, warum denn nun sogar in dem kleinen ORF-Wirtschaftsmagazin plötzlich ein Kulturthema aufgegriffen wird. Die Antwort bekam der Zuseher sofort schon in der ersten Minute geliefert. Es geht um die in den Augen der ORF-Journalisten offenbar zu unrecht geflossene Subvention aus dem oberösterreichischen Museenbudget für das KTM-Museeum (KTM-Motorhall).
Schon im ersten Satz des Moderators (der übrigens auch zugleich immer kämpferischer Vorsitzender des Redakteursrates und somit oberster Journalisten-Vertreter des ORF ist) wurde der Kontext und Konnex zur (bösen) ÖVP aufgebaut: „Wenn nämlich just KTM-Chef Stefan Pierer als ÖVP-Großspender GLEICHZEITIG (sic!) eine Millionenförderung für seine Mororhall in OÖ bekommt, dann ergibt das eine schiefe Optik.“
Soweit ich mich erinnere, hat Pierer im Vorfeld der Nationalratswahl 2017 ausgelobt, die privaten Kleinspenden an die türkise Kurz-ÖVP zu verdoppeln. Da überraschend viele kleine Privatspenden bei Türkis eintrudelten, musste Pierer mit € 436.563 viel tiefer in seine Spendentasche greifen, als er es am Beginn wohl angenommen hat. Wenn aber die privaten Spenden an Türkis nur z.B. € 12.000 ausgemacht hätten, hätte Pierer wohl auch nur € 12.000 gespendet. Im ORF-Jargon den Herrn Pierer immer(!) automatisch(!) als „Großspender“ zu titulieren, ist daher eigentlich unredliches Framing, weil er hätte genauso gut ein Kleinspender 2017 werden können.
Der zweite Vorwurf betrifft das Wort „gleichzeitig“. Pierer spendete 2017 - die Genehmigung zur Förderung von € 1,8 Millionen aus dem Kulturbudget (gestückelt auf je € 600.000 drei Jahre lang) stammt aber aus dem Jahr 2015!. Diese Subvention an KTM war ein einstimmiger Beschluss der OÖ-Landesregierung (also inklusive SPÖ und Grünen). Da kann man nicht von „gleichzeitig“ im ORF-Bericht sprechen, wenn die Subventionszusage schon 2015 erfolgte, also zwei Jahre, bevor Pierer seine Spende an Türkis-Kurz im Jahr 2017 zusagte (der 2015 noch überdies weit weg von der Spitzenkanidaten-Funktion gewesen ist).
Wie im Eingangsbeispiel, wo der ORF eine Aussage aus dem Jahr 2011 in einen Beitrag des Jahres 2018 hineingeschmuggel hat, passt auch hier die zeitliche Abfolge und die Behauptung im ORF-Beitrag („gleichzeitig“) nicht. Offenbar sollten sich die ORF-Leute mal Tischkalender oder Online-Kalender zulegen, damit nicht so oft etwas mit der Zeitachse in ihren Berichten schief läuft.
Im Übrigen: Für diese Investition ins KTM-Motorhall-Museum hat KTM 35 Millionen Euro in Österreich ausgegeben. Alleine die Steuern und Abgaben, die direkt oder indirekt (bei Subunternhemern, wie Baufirmen etc.) angefallen sind, dürften die 1,8 Millionen an Förderung locker übersteigen. Aber diesen Kontext berichtet der ORF nicht, weil es nicht gut ins (linke) ORF-Framing für die anstehende NR-Wahl hineinpasst.
Es wäre schön, wenn der durch diesen Beitrag mitangepatzte KTM-Chef (wieweit wurde sein O-Ton verkürzt?) sich diese einseitige und aus dem zeitlichen Kontext herausgerissene Darstellung nicht ohne weiteres gefallen ließe und ebenfalls Beschwerde bei der KommAustria einbringen würde. Gerne würde ich dann in einem Jahr wieder über eine kurze Stellungnahme in ECO berichten, wo halt wieder einmal gegen das im ORF-Gesetz verankerte Objektivitätsgebot, offiziell dokumentiert von der KommAustria, verstoßen worden ist.
Im Ideologie-Universum des ORF stellt diese wöchentlich kleine Sendung ECO ohnehin nur eine Mini-Dosis an Wirtschaftsberichterstattung dar. Man erwartet vom ORF und seinen linken Haltungsjournalisten ja ohnehin nicht, dass sie im Rahmen dieses Formats eher als Unterstützung FÜR Unternehmer und Unternehmen definieren. Aber einen höchst erfolgreichen Unternehmer wie den Herrn Pierer anzupatzen versuchen bzw. eine schiefe Optik herbeizu-framen, obwohl Pierer in Österreich für 3.400 Mitarbeiter einen Arbeitsplatz geschaffen hat (weltweit 4.300 Mitarbeiter), das sollte in diesem „Wirtschafts-“Format nicht Platz greifen können.
Abschließend kritisiert im KTM-Beitrag noch ein "Transparenzexperte" ausschließlich die beiden Bundesländer Tirol und Niederösterreich, verliert aber kein einziges Wort darüber, dass in Wien die Kulturförderungen am höchsten von allen Bundesländern sind und die Transparenz mit am geringsten. Mit Genuss holt dieser "Transparenzexperte" aus der Vergessenheit hervor, dass nur durch einen Whistleblower aufgedeckt worden sei, dass es überhaupt Förderungen an die "Dr. Erwin Pröll Privatstiftung" gegeben habe.
Auch hier wieder schönes und politisch subtil einseitiges Framing in Vorwahlzeiten: die böse ÖVP-Niederösterreich mit der heimlichen Pröll-Privatstiftung. Schön, dass das in den Wählerhirnen nochmals aufgewärmt verankert werden konnte.
Dass auch in der sogenannten „Wirtschaftsredaktion“ nun in Vorwahlzeiten politisches Kleingeld zu wechseln (und damit Türkis anzupatzen) versucht wird, ist zwar wieder einmal deprimierend, aber eigentlich auch nicht mehr wirklich überraschend.