Eine Köchin, die ein paar Kochbücher geschrieben hat, kandidiert für eine Kleinpartei bei der Wahl zum EU-Parlament. Für eine Kleinpartei wohlgemerkt, die nicht einmal den Einzug in den Nationalrat geschafft hatte.
Und das ist – man fasst es nicht – dem ORF in seiner Hauptnachrichtensendung einen ausführlichen Beitrag wert. Man fasst es jedoch sofort, sobald man weiß, dass die Kleinpartei die Grünen sind. Und den Grünen sind ja die ORF-Redakteure im Inneren ihres Gemütes noch viel mehr verbunden als der SPÖ.
Diese breite Berichterstattung über die Grün-Köchin ist eine neuerliche ganz massive Verletzung jedes Objektivitätsgebots. Oder gibt es etwa über jeden Zweitplatzierten einer EU-Liste einen so prominenten Beitrag, der noch dazu überaus wohlwollend gehalten ist?
Auch das von den Verteidigern des Gebührensenders nun wohl vorgebrachte Argument, dass es bei ja bei ihr um eine – angeblich prominente – Quereinsteigerin ginge, da würden andere Maßstäbe gelten, hinkt hinten und vorne. Denn erstens ist es mehr als fragwürdig, warum Menschen, die das politische Handwerk erlernt haben, in Hinblick auf eine politische Wahl weniger wichtig sein sollen als Köche, die halt ein paar Kochbücher geschrieben und einige Male im Fernsehen gekocht haben. Sind doch auch umgekehrt die Veranstaltungen, wo Politiker kochen, keinen Bericht wert und meistens auch kulinarisch von begrenzter Bedeutung. Zweitens hat der ORF über die einzelnen Quereinsteiger auf Listen der beiden Rechtsparteien nie so prominent berichtet, von denen zuletzt ja vor allem die Kurz-ÖVP jede Menge aufgeboten hat -– noch dazu an Stellen des Stimmzettels, wo sie auch sicher gewählt werden.