Am Beginn der Sendung steht ein massiv einseitiger Bericht über die Mindestsicherungsreformen der Regierung. Dabei wird zwar - zu Recht - detailliert und samt Zahlen gesagt, wer weniger bekommt (Menschen ohne Deutsch- oder Englisch-Kenntnisse und ohne Pflichtschulbildung). Keinerlei Zahlen und Details gibt es hingegen in einem längeren Bericht zu jenen, die künftig mehr bekommen (Behinderte, Alleinerzieher). Noch skandalöser ist, dass eine offensichtlich linksradikale Frau von einem NGO-Verband gleich zweimal als "Expertin" bezeichnet wird, die allen Ernstes eine Erhöhung der Mindestsicherung um mehrere Hundert Euro auf 60 Prozent des Durchschnittseinkommens, auf 1200 Euro verlangt. Ohne dass der ORF das auch nur mit einer Silbe als die Absurdität bezeichnet, die es ist.
Solche Betitelung als "Experte" ist eindeutiger Fake-News-Journalismus, weil dadurch Ideologen ohne jeden Nachweis des Expertentums, geschweige denn der Objektivität, auf eine solche erhöhte Stufe gestellt werden. Das macht der ORF auch ständig mit Greenpeace-Aktivisten, die von der stramm linken Redaktion ebenfalls immer als "Experten" geführt (und auch ununterbrochen vors Mikrophon gebeten) werden.
Im Gegensatz zu diesem Einstiegsbericht verlief dann das Interview des - höflich ausgedrückt: umstrittenen - Tarek Leitner mit Sebastian Kurz ziemlich ungewöhnlich. Denn Leitner hat im Gegensatz zu seinen sonstigen Auftritten Kurz kein einziges Mal unterbrochen. Da hat einer immerhin die erste Volksschulkasse in Sachen Höflichkeit und Rückkehr zur Sachlichkeit absolviert - oder hat er nur Angst davor gehabt, dass ihm Kurz in jeder Hinsicht, in Schlagfertigkeit, in präzisem Argumentieren und in Kenntnis der Materie meilenweit überlegen ist?
Wie auch immer: Auch ein kleiner Fortschritt ist ein Fortschritt. Und wir können jetzt darauf warten, ob und wann der Herr Leitner die zugegeben viel schwierigere zweite Klasse zu absolvieren schafft: nämlich Fragen präzise und ohne langes herummäandrierendes Herumgerede stellen zu können. Von den weiteren Klassen ist er freilich so wie praktisch die gesamten ORF-Redaktionen noch weit entfernt, nämlich von jenen, wo man lernt, dass man Fragen auch aus nichtlinkem Denken heraus stellen kann.