In Rumänien demonstrieren zigtausende Menschen gegen die korrupte Regierung. Polizisten schlagen dutzende Demonstranten krankenhausreif.
Wer ist der korrupte Machthaber in Bukarest, gegen den protestiert wird? Der Partidul Social Democrat Roman (PSD), sprich die rumänischen Sozialdemokraten, stolzes Mitglied der Fraktion der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament.
Wird der ORF-Seher über dieses unwichtige Detail informiert? Natürlich nicht.
In der ZIB um 13.00 Uhr ist noch ein einziges Mal die Rede von der "sozialliberalen Regierung", vermutlich weil der PSD mit 44% der Wählerstimmen aufgrund eines fehlenden Parlamentssitzes mit der 5%-Partei ALDE koaliert.
In der ZIB um 19.30 Uhr spricht Stefan Gehrer dann gleich nur noch von "der Regierung", ohne unangenehme politische Etiketten.
Wichtiger als die Gründe für die massiven Proteste ist für die ORF-Jornadilla ohnehin der Umstand, dass ein ORF-Kameramann am Rande der Straßenschlachten von einem Polizisten mit Schlagstock inkommodiert wurde. Um ein Haar hätte es sogar Korrespondent Ernst Gelegs erwischt, der nun zum Trost in jeder ZIB per Live-Schaltung seine irrelevanten Erlebnisse auf den Straßen Bukarests erzählen darf. So füllt man Sendezeit und muss dennoch nicht näher auf die politisch unangenehmen Hintergründe der Straßenschlachten eingehen. Wunderbar!
PS: Die ORF-nahe Nachrichtenagentur APA bezeichnet die Rumänische Regierung übrigens in ihren Texten zum Thema konsequent als "postsozialistisch" (und ist nach einer Google-Suche das einzige journalistische Medium weltweit, das dieses Label verwendet). Nicht einmal die Abkürzung PSD wird ausgeschrieben, wohl weil Partidul Social Democrat auch für nicht des Rumänischen mächtige Leser ohne größere Schwierigkeiten verstanden werden kann.