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Werner Reichel (oe1 Do, 26.07.2018, 07:00)
Ö1 Morgenjournal

Donald Trump hat wieder einen Deal gemacht. Einen ziemlich guten für sein Land. Der Handelsstreit zwischen den USA und der EU ist vorerst beigelegt. Die EU hat Trump mehrere Zugeständnisse machen müssen: Europa wird den USA künftig deutlich mehr Flüssiggas und Sojabohnen abnehmen und bei medizinischen Geräten werden die regulatorischen Standards angeglichen, damit mehr Geräte aus den USA auch in Europa verkauft werden können. Die EU will zudem weitere Zölle und Handelsbarrieren senken. Noch offene Streitthemen sollen aufgeschoben werden, bis neue Verhandlungen abgeschlossen sind.

Die EU ist den USA weit entgegengekommen, jetzt sind die Strafzölle auf europäische Autos vom Tisch. Und was macht Ö1 draus? Wann kapieren linke Journalisten endlich die Strategie von Trump, zuerst polternd und drohend seinem Gegenüber die Rute ins Fenster zu stellen, um so möglichst weitreichende Zugeständnisse zu erzielen? Und natürlich ist ein solches Vorgehen nur glaubwürdig, funktioniert nur, wenn die Drohungen auch ernst genommen werden, weshalb die politisch und militärisch schwache EU diese Strategie nicht anwenden kann.

Eine Agenda oder einen Plan können oder wollen die Ö1-Redakteure nicht erkennen, sie reduzieren Trump, weil sie ihn nicht verstehen und ihnen ihre Ressentiments den Blick verstellen, auf eine unberechenbare Witzfigur. Es ist einfach nur erbärmlich, wie sehr der tiefsitzende Hass, das Unverständnis und die Vorurteile der linken Journalisten gegenüber „The Donald“ jede halbwegs neutrale Berichterstattung verunmöglichen. Wer sich über die US-Politik informieren möchte, sollte Medien wie den ORF meiden.

Alles was Trump tut und sagt entspringt seinen Launen, er ist unberechenbar, dumm und macht grundsätzlich alles falsch. Angesichts dieser geistigen Grundhaltung übersieht man die wirklich wichtigen Dinge, kann die dahinterstehenden Pläne und Strategien nicht erkennen. So wurde im Ö1-Morgenjournal mit keinem Wort darauf eingegangen, welche politische Dimension die nun zugesagten Flüssiggasimporte für die EU haben und wie sehr sie die Beziehungen zu Russland belasten. Das wäre allemal interessanter gewesen, als die küchenpsychologischen Betrachtungen der Ö1-Nachrichtensprecherin.

Dass der US-Präsident sehr häufig das erreicht, was er will, kommt einem ORFler niemals über die Lippen. Deshalb schwafelt man herum und versucht krampfhaft, ihn als Deppen vorzuführen. Gleich zu Beginn des Journals fragt sich die Moderatorin, ob Trump dem innenpolitischen Druck nachgeben musste. Aha. Hat er nachgegeben?

Nach einem halbwegs neutralen Beitrag über das Treffen zwischen Trump und Juncker interviewt die Ö1-Dame einen ehemaligen Präsidentenberater. Die Eingangsfrage: Warum habe Trump einen Rückzieher gemacht? In dieser Tonart geht es weiter, nochmals fragt sie, ob der innenpolitische Druck Trump dazu gezwungen habe einzulenken, ob Trump mit seinen Strafzöllen richtig beraten war, dann fügt sie noch hinzu: „Beständigkeit ist ja nicht gerade ein große Eigenschaft Trumps.“

Ihr Interviewpartner rückt das seltsam verzerrte Bild der Dame immer wieder zurecht. Es ist für Zuhörer, die nicht zur Trump-Hass-Fraktion gehören, einfach nur mühsam. Ein halbwegs neutraler, sprich, journalistischer Umgang mit dem US-Präsidenten scheint für den gemeinen ORF-Journalisten unmöglich zu sein. Verwundern sollte das nicht, schließlich halten die selben Menschen einem Jean-Claude Juncker selbst dann die Stange, wenn dieser besoffen auf der politischen Bühne herumtorkelt und ganz Europa lächerlich macht. Da braucht man zur Ablenkung des Publikums eben eine Projektionsfläche wie Donald Trump.