Einige ZiB-Beiträge am Sonntag widmete der ORF dem Bildungsauftrag der besonderen Art. Volksbildungssonntag sozusagen, unter dem Motto: „Seht euch an, wie brav die Linken in anderen Ländern sind.“
Beginnen wir mit der ZiB 20. Dort befasste sich der erste Beitrag mit einer Demonstration in München. „Es ist ein beeindruckendes Zeichen der Zivilgesellschaft“, jubilierte Sendungspräsentator Roman Rafreider. Es seien zu der „Demonstration gegen rechts“ mehr als 20.000 Teilnehmer gekommen, die „gemeinsam gegen den Rechtsruck in Politik und Gesellschaft“ und „die Politik der Angst“ aufgetreten seien. Und das trotz Regens.
Sehr brav!
Der ORF-Beitragsgestalter Carl Johann Holzer verkündete, „sie alle (die Demonstranten, Anm.) werfen der CSU eine verantwortungslose Politik der Spaltung vor“. Naturgemäß fand er unter den Demonstranten auch geeignete Interviewpartner, unter anderem eine Dame mittleren Alters, die von einem stattlichen, deutlich jüngeren Afrikaner begleitet wurde, der sie im Regen beschirmte. „Das ist nur Hetze“, schimpfte die Frau über die CSU, während ihr großgewachsener Begleiter zufrieden lächelte.
Wenn man bedenkt, dass in Bayern demnächst Wahlen stattfinden, ist die Zahl der Teilnehmer vielleicht nicht ganz so beeindruckend, denn man kann sich vorstellen, dass die wahlkämpfenden Parteien links der Mitte für diese Demo alles mobilisiert haben, was irgendwie zu bewegen war.
Dennoch: Vorbildliche bayerische Linke. Sehr brav.
Ein weitere Meldung unter dem Tagesmotto „schaut her wie gut, brav und edel die Linken in anderen Ländern Europas sind“ steuerte die ZiB1 bei. Dort wurde zuerst im Telegrammstil über den neuen Chef der spanischen Volkspartei, Pablo Casado, berichtet, der den langjährigen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy als Parteichef abgelöst hat. Der beschere seiner Volkspartei „einen Rechtsruck“.
Das ist sehr böse.
Dann wechselte das Thema des Beitrages unvermittelt zum neuen Regierungschef, dem Sozialisten Pedro Sánchez, der gleich eingangs gelobt wird: Er wolle die zwei Jahre bis zur nächsten Wahl für Reformen nützen und arbeite trotz Sommerpause an der Umgestaltung seines Landes. Sánchez falle unter den Regierungschefs der EU besonders positiv durch seine humane Flüchtlingspolitik auf. Während Flüchtlingsschiffe von NGOs in anderen Ländern abgewiesen werden, sorgte Sánchez mit der Aufnahme solcher Schiffe für Schlagzeilen. ORF-Spanien-Korrespondent Josef Manola war voll des Lobes: „Die Zustimmung der Bevölkerung bestätigt seinen politischen Instinkt“. Wären am kommenden Sonntag Wahlen, würden die Sozialisten eine Mehrheit erringen.
Nachdem Spaniens Sozialisten mit ihrer Minderheitsregierung nur über ein Viertel der Mandatare verfügen, wird Sánchez die Spendierhosen anziehen müssen. Mit einer so kleinen Minderheit kann man Reformen nur bei anderen Parteien teuer erkaufen. Das könnte Spanien teuer kommen.
Aber Immigranten ins Land holen und bloß nicht sparen, ist wiederum sehr brav.
Wer die Beiträge aus München und Madrid aufmerksam anhört und ansieht, kann die Begeisterung des ORF über die linken Lebenszeichen nicht übersehen. Da schwingt ganz besondere journalistische Begeisterung mit. Vielleicht war der Volksbildungssonntag auch der Versuch eines Umerziehungssonntags für untreu gewordene Linke.