Schon wieder versucht der ORF mit gleich zwei drastischen Graphiken Stimmung für die "Welcome Refugees"-Lobby zu machen. Motto: Was regts euch auf, die Migration geht ja eh zurück. Das ist eine zwar nicht ganz neue, aber immer noch falsche und manipulative Darstellung, der aber dennoch der längste Beitrag der ZiB gewidmet wird.
Es stimmt zwar, dass die illegale Migration im ersten Halbjahr auf die Hälfte des Vorjahres gesunken ist. Jedoch, was der ORF prinzipiell verschweigt: Auch die "Flüchtlinge" aus dem Vorjahr sind ja noch fast alle da, ebenso die aus 2016, ebenso die aus 2015, usw. Wenn also heuer bisher "nur" 40.000 über das Mittelmeer gekommen sind, dann sind die in einer seriösen Analyse zu den schon früher gekommenen dazuzurechnen, von denen ja kaum einer abgeschoben werden konnte. Was der ORF aber nie tut.
Die linke Logik gleicht der eines Schuldners, der sich empört, weil ihm wegen seines über Jahre aufgehäuften und nie rückgezahlten Schuldenbergs kein weiterer Kredit gewährt wird, und der sagt: "Frechheit, ich will doch heuer eh nur die Hälfte von dem kriegen, was ich im Vorjahr bekommen habe." Wenn eine Fieberkurve zurückgeht, ist das zweifellos gut, wenn aber bei kumulativen Phänomenen wie Schulden oder Migranten in einem Jahr der Zuwachs auf einen ohnedies schon großen Bestand kleiner wird, dann ist das alles andere als Grund zur Entwarnung, sondern zu weiter vermehrter Besorgnis. Aber zugegeben, das ist für den durchschnittlichen ORFler wohl schon zu hohe Mathematik, die er nicht versteht, selbst wenn er wollte. Aber er will eh nicht.
Ganz abgesehen davon, dass alle Anzeichen eines neuerlichen Anschwellens der Völkerwanderung total totgeschwiegen werden. Wie etwa die Hilferufe aus der bosnischen Stadt Bihac auf der neuen Balkanroute, die eine gewaltige Zunahme meldet. Wie die Politik der neuen spanischen Linksregierung, die seit kurzem die Tore für die Migranten geöffnet hat. Ebenso totgeschwiegen wird im ORF aber auch seit langem, dass eigentlich im Großteil Syriens seit langem der Krieg zu Ende ist, dass also eigentlich längst eine intensive Rückkehr-Diskussion beginnen müsste.
Der ORF hat nicht einmal die Entschuldigung, dass es ein ereignisarmer Tag gewesen wäre, an dem man dann halt einem Redaktionsanfänger Gelegenheit gibt, politisch-linksorrekt den weitaus längsten Beitrag der ganzen ZiB zu gestalten.
Nein, im Gegenteil, es war ein besonders intensiver Tag, an dem etwa Sebastian Kurz (in Sachen Israel) dem iranischen Präsidenten die schärfste Abreibung für einen ausländischen Präsidenten versetzt hat, an die ich mich vor laufender Kamera erinnern kann. Aber von dieser Kurz-Attacke wird nur ein einziger kurzer Satz gezeigt. Die ganze Passage hat man nur auf Privatsendern zu sehen bekommen (dafür setzte sich der mehr als überflüssige Auslandsredakteur ins Studio und bekommt fast ebensoviel Sendezeit wie Kurz, Rohani und Van der Bellen zusammen).
Überhaupt nirgends wurde die wirklich unglaubliche - und daher natürlich in einer journalistischen Sendung voll zu bringende! - Antwort des iranischen Präsidenten in allen wichtigen Passagen gezeigt. Der antwortet nämlich Kurz mit einer vollen Attacke auf Israel und behauptet insbesondere, dass die Juden den Persern zu Dank verpflichtet wären, weil diese die Juden in Babylon gerettet hätten.
Nur ist das halt mehr als zweieinhalbtausend Jahre her. Wer diese Argumentation gehört hat, weiß wahrscheinlich alles über die heutige iranische Führung. Fernsehzuschauer haben hingegen gar nichts erfahren.
PS: Statt der amateurhaften Themengewichtung im ORF wären auch wirklich bewegende nichtpolitische Themen legitim, wie etwa das von fast allen Fernsehstationen der Welt (weiter)gespielte Drama um die eingeschlossenen Buben in einer thailändischen Höhle - vor allem weil sich dieses derzeit positiv entwickelt. Nicht so in der ZiB. Dort hält man dafür ein anderes Thema für einen Straßenfeger: nämlich einen Talsperrenkongress! Der bekommt 1,31 Minuten, für den Bericht über den historischen österreichisch-iranischen Clash (samt Atomdeal, terroristischem Diplomaten, Sanktionen, Staatsbesuch und drei Politikerstatements) hat man 1,57 Minuten. Sie könnens halt nicht.