Die Interviews von Armin Wolf gleichen oftmals Verhören. Der ZiB2-Anchor sieht seinen Interviewpartner vor allem als Gegner, den es zu bezwingen gilt, den er bloßstellen oder aus der Reserve locken will. Ist ihm das gelungen, sind er und seine heimische Fangemeinde glücklich. 1:0 für Armin, der so mächtig stolz auf seine vielen Twitter-Freunde ist.
Ziel seiner TV-Interviews ist es, als Sieger hervorzugehen. Das hat weniger mit seinen politischen Vorlieben und Einstellungen, als vielmehr mit seiner Persönlichkeitsstruktur zu tun. Ja, er hat eine schwere linke Schlagseite, linke Persönlichkeiten werden dementsprechend weniger hart angegangen, mit ihnen geht er etwas pfleglicher um, das Prinzip ist aber dasselbe. Wolf nutzt solche Interviews vor allem als Bühne, um sich selbst zu inszenieren und seinen Marktwert zu erhöhen. Was nicht verwerflich ist, würde nicht das Interview darunter leiden.
Wolf hat sich mit diesem Stil in der linken Reichshälfte den Ruf eines Star-Journalisten erarbeitet. Das hat allerdings sehr wohl etwas mit seinen parteipolitischen Präferenzen zu tun. Wenn es Wolf einem verhassten FPÖ-Politiker wieder einmal so richtig gezeigt hat, sind seine Fans im siebenten Himmel, weil der - und das ist ein nicht unwesentlicher Aspekt - optisch unscheinbare Wolf den politischen Feind stellvertretend für sie besiegt hat. Eine Art Columbo des TV-Journalismus.
Das mag für die Psychohygiene der Linken, die derzeit ohnehin ziemlich frustriert sind, gut sein, hat aber mit Journalismus und einem gut geführten Interview, wo man tatsächlich neue und interessante Dinge erfährt, wenig zu tun. Wie das Duell Wolf gegen Putin gezeigt hat.
Das groß angekündete Gespräch hatte wenig Informationsgehalt oder Neuigkeitswert und war nur deshalb halbwegs spannend, weil sowohl die Anhänger, als auch die Kritiker Putins es wie Wolf als Zweikampf gesehen haben. Es ging nicht um Inhalte, sondern wer die Medienarena als Sieger verlässt. Am Ende sahen zumindest die Putin-Gegner Wolf als Sieger, obwohl er dem russischen Präsidenten nichts entlocken konnte, was man nicht ohnehin schon unzählige Male gelesen und gehört hat.
Wolf hatte keine Chance gegen Putin. Er stößt bei eloquenten und intelligenten Gästen recht schnell an seine Grenzen. Das aber nur nebenbei. Wie bei einem Verhör hat er alles rauskramen lassen, was man Putin eben so vorwirft: die Krim, den Ukraine-Konflikt oder die angebliche Beeinflussung von Wahlen im Westen. Das Problem - fast alle Fragen waren in die Vergangenheit gerichtet und Putin hat jede dieser „kritischen“ Fragen schon unzählige Male gestellt bekommen und beantwortet. Entsprechend souverän und erwartbar hat er Wolf abgefertigt. Spannend oder gar informativ ist so ein Interview jedenfalls nicht. Wolf versuchte Putin in die Defensive zu drängen, zumindest eine Runde für sich zu entscheiden, scheiterte aber immer und immer wieder. Auf der Strecke blieben dabei all jene Fragen, die die Österreicher wirklich interessiert und vor allem auch betroffen hätten. Etwa die großen geopolitischen, wirtschaftlichen oder militärischen Themen und Zukunftsfragen. Fast nichts davon kam zur Sprache. So etwas zu erfragen, wäre wohl unter seiner Würde gewesen.
Spannend sind die Pläne, Vorstellungen, Strategien, Einschätzungen und Visionen Putins. Hier hätte man in lockerer Gesprächsatmosphäre und mit etwas Fingerspitzengefühl wesentlich mehr aus Putin herausholen können, auch Unangenehmes, als in einer verhörähnlichen Situation, wo der als Gegner angesehene Gesprächspartner nur seine altbekannten und vorgestanzten Phrasen routiniert zum Besten gibt. Das wissen übrigens auch Kriminalisten oder Psychotherapeuten. So ein Gespräch wäre jedenfalls informativer, relevanter, spannender und unterhaltender gewesen.
Aber darum geht es Wolf nicht. Er wollte die Gelegenheit beim Schopfe packen und es vor internationalem Publikum auch einmal mit einem ganz großen Staatsmann aufnehmen. Ob das für die Gebührenzahler interessant ist, oder nicht, das ist ihm egal. Es geht schließlich um sein Ego. Und die internationale Mainstreampresse hat Wolf für sein Interview überwiegend gelobt. Und das ist ihm allemal wichtiger, als der gemeine österreichische TV-Konsument.