ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Niklas G. Salm (ORF2 Do, 15.03.2018, 22:00)
ZIB 2

Das Anprangern von all den Bösen im In- und Ausland stand wieder einmal auf dem Programm der ZIB2. Wobei selbstverständlich der ORF festlegt, wer die Bösewichte sind. Zum Auftakt ging es wieder nach England, um die bösen Russen für einen Giftgas-Anschlag verantwortlich zu machen. Nur für wie einfältig hält der ORF seine Zuseher? Für wie blöd hält man die Russen? Selbst wenn man die Welt der Geheimdienste nur von James Bond her kennt, so weiß doch jeder, dass da im Schnitt wesentlich subtiler vorgegangen wird. Darum der Name Geheimdienst.

Hätte Russland einen ehemaligen Doppelagenten "entsorgen" wollen, er wäre wohl einfach verschwunden bzw. tot aufgefunden worden. Ohne jeglichen Hinweis auf einen Täter. Dass Putins Schergen so plump vorgehen könnten, einfach Giftgas aus eigener Produktion in England im öffentlichen Raum einzusetzen, ist jedenfalls nur schwer vorstellbar. Genauso gut hätte Putin gleich ganz unauffällig Salisbury von ein paar Tupolew Tu-160 großflächig bombardieren lassen können, um einen einzelnen Ex-Agenten zu töten. Stattdessen sollte man wie immer die Frage stellen: Cui bono? Nun, Putin nützt das alles sicher nicht.

Fragwürdig auch das eingespielte Interview mit Premierministerin Theresa May. Die sagte: "Die Polizei ermittelt und versucht, den Tätern auf die Spur zu kommen. Für uns ist aber klar, Russland ist schuld daran!" Aha, und warum ermittelt man dann überhaupt, wenn der Schuldige per Dekret schon festgelegt wurde? Diese Frage vom ORF zu erwarten, wäre aber zu viel des Guten.

Moskau-Korrespondentin Carola Schneider legte nach. Die irren Russen fordern doch tatsächlich Beweise aus London, die eine Schuld Russlands untermauern. Verrückt! Ja wo kämen wir da hin, wenn dem Angeklagten eine Schuld bewiesen werden muss? Russland muss selbstverständlich immer seine Unschuld beweisen - egal welche Anschuldigung da daherkommt! Fast 10 Minuten lang wird gegen Russland agitiert. Warum ist das Thema eigentlich für Österreich so wichtig?

Danach verlegte man sich wieder auf seine Kernkompetenz - Regierungsbashing. Quälende 7 Minuten ging es wie jeden Tag um die leidige BVT-Affäre, bei der vermutlich kaum jemand durchblickt, was da jetzt eigentlich so verdammt schlimm sein soll? Oder welche Fehler sich der Innenminister jetzt genau geleistet hat? Hauptsache, die Regierung ist böse. Auch hier ist die Schuldfrage schon vorab geklärt.

Und schließlich gibt es noch Aufregung im rot-grünen Wien, weil Mittel für Integration an Schulen gekürzt werden. Alles furchtbar, sagt eine wild gestikulierende Lehrerin, bei der man nicht nur aufgrund der Gestik und Mimik davon ausgehen kann, dass sie streng rot oder grün ist. Kritische und nicht so linientreue Pädagogen bekommen ja nur Auftritte im Privat-TV, wie wir wissen. Auch die geplanten Deutsch-Klassen für Migrantenkinder werden erneut verteufelt.

Damit endete wieder eine ZIB2 und die braven Redakteure konnten sich des Lobes aus der Löwelstraße sicher sein. Dass jener Afghane, der kürzlich vor dem Parlament einen Polizisten angegriffen hat, bereits wieder auf freiem Fuß ist (sicher sehr zur Freude eines großen Teils der Österreicher) war übrigens nicht Gegenstand der Berichterstattung.