Es gelingt dem ORF insgesamt und der schreiberischen Speerspitze des gebührenpflichtigen Senders „News.ORF.at“ im Besonderen immer wieder, selbst abgebrühte ORF-Watch-Schreiber zu verblüffen. Während der mittlerweile zurückgetretenen FPÖ-Jungpolitiker Udo Landbauer stets für die Spitzenmeldung auf allen Kanälen in TV, Hörfunk, ORF.at und Teletext gut war, hat man bei dem unappetitlichen Fall des SPÖ-Politikers, der nicht nur seine Enkel missbraucht haben soll, sondern auch ein begeisterter Sammler von Hitler-Erinnerungsstücken und einschlägigen verbotenen Waffen war, auf die Nennung der Parteizugehörigkeit fast immer „vergessen“.
Dass der Illustrator des seltsamen und ungustiösen Liederbuches in Wiener Neustadt auch ein hochrangiger und mit hohen Auszeichnungen bedachter SPÖ-Politiker war, hatte zur Folge, dass Meldungen darüber sehr bald wieder aus der ORF-Berichterstattung verschwunden sind.
Nun ist – offensichtlich beglückend für die ORF-Mannschaft in der Wiener Zentrale – auch ein ÖVP-Politiker unter Missbrauchsverdacht geraten. Doch während man auf der Einstiegsseite von ORF.at bei dem Fall des SPÖ-Politikers im Bezirk Amstetten immer nur von einem Lokalpolitiker lesen konnte, nicht aber welcher Partei er angehörte, kehrte die konsequent linksorientierte ORF-Redaktion wieder zur alten Gewohnheit zurück. Schon die Titelzeile auf der Einstiegsseite von ORF.at lautete: „NÖ: ÖVP-Kommunalpolitiker unter Missbrauchsverdacht“.„ÖVP“ war also das zweite Wort. Das wiederholte sich auf der nächsten Ebene, wenn man die Titelzeile anklickte.
Wer sich dann noch eine Ebene weiter arbeitete (was in der Praxis die wenigsten tun) kam zur Meldung des ORF Niederösterreich. Die war journalistisch sauber formuliert und dort war sogar die SPÖ-Parteizugehörigkeit des mutmaßlichen Nazi-Enkelkinder-Missbrauchers zu lesen und nicht nur die des ehemaligen ÖVP-Politikers.
Das wiederum ist ein Indiz dafür, dass die Niederösterreich-Redaktion des ORF noch nicht so links-verseucht ist wie ihre Berufskollegen in Wien.