"Der deutsche Riese wankt - steht Europa vor der Merkel-Dämmerung?" lautete diesmal das Thema in der vom ORF wöchentlich inszenierten Selbsthilfe-Gruppe "Sozialisten in Not". Und es war eine ganz fantastische Episode dieser ohnehin stets atemberaubenden Reality-Soap. Diesmal kam man nämlich endlich ganz ohne kritische Stimmen aus. Mit Claudia Reiterer diskutierten ausschließlich Merkel-Groupies und Sozi-Nostalgiker. Bravo!
Und dennoch kann der ORF auch noch überraschen - denn entgegen dem Titel der Sendung gab es zunächst einmal ausnahmsweise eine rund halbstündige Sozi-Belangsendung. Da wurden alle Aspekte des Handelns bzw. Nicht-Handelns der deutschen SPD beleuchtet und auch noch einmal das historisch schlechteste Wahlergebnis der deutschen Sozen beweint.
Die Berlin-Korrespondentin des österreichischen Rotfunks, Frau Schwarz, erklärte dem staunenden Zuschauer sogar, dass die deutschen Roten ganz hervorragend regiert und der Koalition den Stempel aufgedrückt hätten, sowie in Person von Frau Nahles überhaupt die affengeilste Polit-Figur der Neuzeit in ihren Reihen haben würden. "Und dann steht man nach der Wahl mit 20 Prozent da und keiner weiß warum", schnaufte Frau Schwarz, noch immer sichtlich entrüstet und schockiert. Gleichzeitig zeigte sie sich überzeugt, dass wenn jemand gestärkt aus der Krise hervorgehen würde, dann könne es nur die wie Frau Nahles grenzgeniale Frau Merkel sein. Ja, so viel Erleuchtung hätte Frau Reiterer allein gar nicht erbringen können - gut, dass diesmal gleich zwei ORF-Ladies dabei waren.
Wem das noch nicht Weisheit genug war, den konnte vielleicht die Politologin Ulrike Guerot überzeugen, die meinte, man müsse endlich mit dem Mythos aufräumen, dass Deutschland in der EU für alle zahlen müsse! Im Gegenteil, Deutschland wäre der größte Profiteur der Euro-Rettung. Und außerdem seien Spanien, Italien, etc. längst über den Berg - nur Griechenland sei noch ein kleines Problem. Vor so viel ökonomischem Sachverstand kann man nur den Hut ziehen. Dass die EZB dafür Geld druckt, als gäbe es kein Morgen und Italien trotzdem mit 130 Prozent des BIPs verschuldet ist und sein Bankensystem kurz vor der Implosion steht - war da was? Ach ne!
Überhaupt war das einzige Thema rund um Merkel, wer jetzt eigentlich die heißersehnte europäische Einigung vorantreiben solle, wenn Mutti nicht bald wieder so super alternativlos regieren kann? Andere Problemchen wie Masseneinwanderung und Islamisierung wurden vornehm totgeschwiegen. Wenigstens gab es aber ein wenig AfD-Bashing, damit kein Linker daheim vor dem Fernseher weinen musste.
Nur eine Frage blieb offen: Was machte eigentlich der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok in der Sendung? Ach ja, er überzeugte durch Frisur und Ausstrahlung und war so der perfekte Platzhalter für Mutti...