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Andreas Unterberger (ORF1 Mo, 25.09.2017, 20:15)
Wahl 17: Nationalraten - Die politische Quiz-Talk-Show

Es ist schon klar: Man will gleichsam auf Befehl unterhaltsam-locker sein, wenn sich auch ORF1 mit den Wahlen befasst. Daher versucht man halt bei jeder Nationalratswahl ein neues Format. Nun ja, ein Quizspielchen ist zwar nicht wirklich neu, aber immer ganz nett (was ja auch der andere Sender weiß, der offenbar als Zeichen guter Koordination zur gleichen Zeit ebenfalls ein Quizspiel veranstaltet).

Für die andere Hälfte der Sendung hat man wirklich etwas ganz Neues gemacht: Es ist im ORF noch nie dagewesen, dass H.C.Strache auftreten konnte, ohne von Aggression und Bösartigkeit überschüttet zu werden. Darüber war er freilich offensichtlich selber verblüfft.

Das einzige bewusst Bösartige war in der ganzen Stunde die Kamera-Einstellung, die den sitzenden Strache fast ständig von unten nach oben filmte, sodass er in eine ungute Perspektive rückte.

Das Endergebnis war aber dennoch eine Sendung, die weder unterhaltsam noch locker drüberkam. Dieser Stil liegt Strache nicht wirklich und der Gesprächsführerin Gadenstätter schon gar nicht, die bisher im ORF immer nur Nachrichten vorlesen hat dürfen. Es ist in Wahrheit nichts schwieriger, als ein witzig-freundliches Gespräch mit einem an harte Bandagen gewöhnten und geistig auf alle möglichen Fallen achtenden Politiker zu machen, das nicht banal, peinlich oder langweilig wird. Das gelingt nur ganz selten, am ehesten können das amerikanische Politiker wie Barack Obama, die mit den besten Pointenschreibern der Nation zusammenarbeiten.

Aber jedenfalls war der Strache-Auftritt zehnmal hochklassiger als die Peinlichkeit zur Potenz einer "Zufalls"-Begegnung zwischen Christian Kern und einem ihn anstrudelnden Kabarettisten auf der Straße. Das hat man offensichtlich so inszeniert, damit der Herr Niavarani auch weiterhin dicke ORF-Auftritte machen kann, wenn er ganz zufällig direkt vor dem Ballhausplatz für Facebook filmt und dabei ganz zufällig in den SPÖ-Vorsitzenden läuft. Ein "Zufall" kann ja keine verbotene Parteiwerbung sein, für die man vom Generaldirektor zum Gespräch vorgeladen wird. Huch, wie sind die in der Küniglberger Löwelstraße doch trickreich!

Wären die Fingernägel nicht schon längst durch all diese inszenierten Zufälle und die Lobhudeleien des Kabarettisten bis zum Anschlag aufgerollt, dann wären sie einem endgültig bei der Frage des Witzboldes nach einem "Maurer-Dekolletee" Kerns abgefallen, und bei seiner Empfehlung, dafür einen "mordstrumm Oasch" zu haben.

Warum, um Himmels willen, gibt sich der Mann, der Bundeskanzler sein will, für so etwas her?? Hat er wirklich so schlechte Ratgeber? Redet ihm jemand ein, dadurch würde der Eindruck präpotenter Überheblichkeit gemildert, den Kern wie eine Prinzessin ausstrahlt?

Zurück zum Strache-Interview im ORF, das dagegen fast noch ein intellektuelles Labsal war - hätte die Interviewerin wenigstens ein bisschen eine Ahnung von dem gehabt, worüber sie spricht. Denn so viel Bildungsauftrag müsste auch in ORF1 sein, dass dort nicht folgende skandalöse Frage gestellt werden dürfte: Gadenstätter wollte nämlich wissen, welches Gesetz Strache denn "als Regierungsmitglied als erstes erlassen" würde. Sie glaubt offenbar wirklich, dass bei uns Minister Gesetze "erlassen" können. Sie hat diese Frage überdies auch gleich zweimal gestellt - offenbar sind ihr da auch noch die Fragekarten durcheinander geraten. Aber das schließt jedenfalls einen Versprecher aus. 

Und soviele Ahnungslosigkeit müssen die Österreicher durch Zwangsgebühren finanzieren.

Aber zugegeben, man hat sich halt um nette Harmlosigkeit bemüht. Und nicht so penetrante SPÖ-Werbung gemacht, wie schon wieder die ZiB1. Dort bekam neuerlich die SPÖ-Gesundheitsministerin einen freundlichen Auftritt, von denen sie in den letzten Wochen wohl schon mehr in der ZiB1 hatte als alle ÖVP-Minister zusammen. Diesmal durfte sie als triumphalen Erfolg ihres Wirkens verkünden, dass sich in 80 Prozent der MR-Untersuchungs-Labors die Wartezeiten verkürzt hätten. Und jetzt "nur" noch zwei bis vier Wochen betragen würden ... 

Wenn jemand an zweiter Stelle der SPÖ-Kandidatenliste steht, bekommt er halt auch für so etwas einen langen und rein positiven ZiB-Beitrag. Und niemand im ORF darf sich nach all den sonstigen Skandalen und Unzukömmlichkeiten im Gesundheitssystem erkundigen, über die fast jeder Österreicher stundenlang erzählen könnte.