Man fasst es nicht: Da findet die erste große Pressekonferenz von Sebastian Kurz nach seiner Nominierung zum ÖVP-Chef statt, auf die ganz Österreich eine Woche lang gewartet hat. Und der ORF hat noch dazu das Glück, dass die genau zur Stunde der ZiB stattfindet. Aber was macht der Gebührensender? Er steigt nach wenigen Sätzen wieder aus und zeigt uns dafür des Langen und Breiten den unerträglichen Hans Bürger und dann vor allem eine Zusammenschnitt der Pressestunde des SPÖ-Vorsitzenden, die ohnedies am gleichen Tag schon eine Stunde lang zu sehen gewesen war. Und die nur eine Fortsetzung der Kern-Festspiele war, die schon eine ganze Woche lang ständig in ORF-Radio und -TV zu sehen waren.
Es wird nicht einmal darauf verwiesen, dass die Kurz-Pressekonferenz unangekündigt auf ORF III live übertragen wird. Wo sie freilich nur unter dem geheimnisvollen Sendungshinweis "Placido Domingo" lief, und wo sie nicht einmal imstande waren, die an das Kurz-Statement anschließenden Journalistenfragen mit einem Mikrophon verständilich zu machen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass man noch unjournalistischer arbeiten kann als diese überbezahlten ORF-Menschen. Die Seher-Interessen sind ihnen schnurzegal. Sie wollen nur den roten Drahtziehern gefallen, um ihr Leiberl vielleicht doch noch zu retten. Daher macht die rotgrüne Machtpartie mit wirklich militanter Entschlossenheit alles, um viel Kern und wenig Kurz zu spielen. Schließlich haben sie alle Angst um ihre hochbezahlten Jobs, die sie ja ausschließlich der roten Mehrheit in sämtlichen ORF-Gremien zu verdanken haben.
Aber auch dieser Schuss geht nach hinten los: Denn die ununterbrochenen Kern-Festspiele haben noch viel mehr Österreichern klar gemacht, dass dieser Mann panisch und konzeptlos hin und her läuft (oder genauer gesagt, jeden Tag mit zwei neuen Konzepten), während Kurz extrem souverän und gelassen wirkt.
PS: Wie überflüssig der Kern-Einspieler war, zeigt sich schon daran, dass auch nach den Kurz-Aussagen die SPÖ zu keiner Reaktion imstande war. Umso blöder ist es, ein vor den Kurz-Aussagen gemachtes Statement abzuspielen. Kern muss wohl noch einen Tag lang seine Spin-Doktoren befragen, bis ihm die zehnte unterschiedliche Antwort auf Kurz einfällt.