Selten hat man Politiker so konsterniert und irritiert gesehen, wie bei dieser Talkrunde. Zur Einleitung befragte Moderator Tarek Leitner SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder für einen ORF-Journalisten ungewöhnlich hart - aber durchaus fair. Nur saß dieser sowieso bereits da wie ein begossener Pudel, weil Mitterlehner die SPÖ wohl am völlig falschen Fuß erwischt zu haben scheint.
Da gabs' kein Pokerface mehr wie sonst üblich bei Politikern seines Kalibers. In Folge flehte er den ÖVP-Vertreter dieses Abends, Andrä Rupprechter, förmlich an, die Regierung nicht platzen zu lassen.
Dieser wiederum benahm sich so, als würde er das erste Mal vor einer Kamera sitzen. Er schielte dauernd auf den Monitor und wenn er sich im Bild sah, begann er zu lächeln und vielsagend zu nicken. Der arme Kameramann traute sich wahrscheinlich schon gar nicht mehr ihn ins Bild zu rücken, weil er Angst haben musste, als nächstes beginnt Rupprechter zu winken, wenn er merkt, dass die Kamera auf ihn gerichtet ist.
Dafür zoomte er H.C. Strache einmal als einzigen so nahe, dass man jede Gesichtspore sehen konnte - bei den anderen Diskutanten blieb er brav auf Abstand.
Dazu kam dann unser Duracell-Politiker Matthias Strolz, der vehement und aus heiterem Himmel plötzlich eine Minderheitenregierung forderte und unbedingt wissen wollte, ob ihm die anderen Klubleute nicht folgen möchten. Außerdem scheint die französische Wahl ihre Spuren bei ihm hinterlassen zu haben. Er nennt seine Partei jetzt "Bürgerbewegung" - das hat er sich wohl von Macron abgeschaut.
Straches optische Wandlung geht mit einem staatsmännischen Auftreten einher - er bleibt seinen Aussagen treu, vertritt seine Ansichten jetzt jedoch ruhiger und gelassener.
Team Stronach Klubobmann Lugar hatte wie immer einige gute Ideen, kam jedoch viel zu selten zu Wort.
Eva Glawischnig als einzige Frau in der Runde blieb in der Defensive. Insgesamt hatte man das Gefühl, dass hier keiner in ein Fettnäpfchen treten wollte.
Man spürte als Zuseher auch via TV eine ganz merkwürdige Atmosphäre.
Strolz und Glawischnig zeigten ziemliches Nervenflattern angesichts der Möglichkeit von Neuwahlen - vor allem wohl davor, dass ihre Parteien durch die Zuspitzung im Wahlkampf auf einen Dreikampf zwischen ÖVP, FPÖ und SPÖ zerrieben werden.
Irgendwie war diese Diskussion der passende Abschluss für einen politischen Chaos-Tag, der mit dem Rücktritt von Mitterlehner begann, sich im - für jeden Politikkenner unverständlichen - Kern-Angebot an Kurz fortsetzte und uns dann eine Nach-Nachmittagsschlaferl-Rede von Van der Bellen bescherte.
Schön langsam fragt man sich als Bürger, ob man schon im Kabarett sitzt oder ob man noch den wirklichen Akteuren zuhört!