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Werner Grotte (ORF2 Do, 23.03.2017, 19:00)
Bundesland heute

Wer sich „Niederösterreich heute“ anschaute, wähnte sich in einer Belangsendung der Flughafen Wien AG. Unter betroffenen Blicken von Moderator Werner Fetz durfte Flughafen-Direktor Günther Ofner fröhlich und unwidersprochen über die immense Gemeinheit der Ablehnung der dritten Piste durch das Bundesverwaltungsgericht Anfang Februar vom Leder ziehen.

Es sei dies nicht nur eine Entscheidung zu Lasten des Flughafens selbst gewesen, sondern gegen alle Arbeitnehmer, Touristen und Unternehmer (also so ziemlich gegen alles Gute und Wichtige in der Welt). Denn internationale Firmen, die im Umfeld gern zehntausende von Arbeitsplätzen errichten würden, sähen sich nun verunsichert nach anderen Standorten um.

Im türkischen Istanbul etwa, „also vor unserer Haustür“ (O-Ton!), würde gerade der größte Flughafen der Welt entstehen, mit sechs Landebahnen. Und wohin werden sich diese potentiellen Arbeitsplatzspender nun wohl wenden? In Erdogans Reich natürlich. Dass in Erdogans Istanbul Fluglärm- (oder sonstige) Opfer selbst bei sechs Landebahnen nicht viel zu melden haben, steht auf einem anderen Blatt. 

Auch die Umlandgemeinden fielen laut Ofner nun um die zahlreichen, bereits fix versprochenen Bestechungs…. Äh, pardon, Förder-Gelder um, die der Flughafen den (durch immer mehr Fluglärm und schlechtere Luft) betroffenen Gemeinden spendieren wollte, wenn sie Ja zur dritten Piste sagen. Schließlich bemüht sich ja das sogenannte „Dialogforum“ im Sinne der Mediationsverfahren völlig unabhängig und rein im Sinne der Bürger seit vielen Jahren für die verträglichsten Lösungen des Flughafenausbaus.

Dass der Chef dieses Forums-Vereines und auch sonstige Betriebskosten auf der Lohnliste des Flughafens Schwechat stehen, stört ja nur I-Tüpfelreiter.

Und halt auch jene Bürgerinitiativen, die sich schon seit mittlerweile 16 Jahren diesem „Forum“ verweigern und bis heute um weniger Fluglärm und mehr Lebensqualität kämpfen. Denn eine dritte Piste heißt – und das ist schon rein mathematisch nur logisch – auf jeden Fall wesentlich mehr Flugaufkommen als auf zwei Pisten. Aber ob andere wirtschaftliche Aspekte, etwa die teils ruinöse Grund- oder Immobilienentwertung entlang der lauten Einflugschneisen im Norden. Süden oder Westen Wiens, bei der stetigen Flugvermehrung zum Tragen kommen, interessiert ja die Flughafen AG nicht. Und auch nicht die Länder Wien und Niederösterreich, die ja beide zu gleichen Teilen (insgesamt 40 Prozent) am Flughafen und dessen fetten Gewinnen beteiligt sind. Und deshalb auch nicht den ORF-Niederösterreich, der ja seinem Spitznamen „Radio Pröll“ gern alle Ehre macht und die pekuniären Interessen des Landes nicht unbedingt außer Acht lässt.

In der dem „Niederösterreich heute“ folgenden ZiB wurde das gleiche Thema noch einmal gespielt – der arme Flughafen, der gegen den bösen richterlichen Bescheid mobil macht -, aber immerhin kamen zumindest in ein paar Sekunden ein paar Flughafen-Gegner ins Bild, eine Gegnerin durfte sogar kurz reden.

Einen halbwegs durchwachsenen Bericht, der auch die Argumente der Umweltschützer brachte, gab es erst in der ZiB 24 um 23.55 Uhr, wo auch Verfassungsrechtler Heinz Mayer zu Wort kam. Der wunderte sich schon ziemlich über die Vorwürfe des Amtsmissbrauchs gegen zwei Richter des Bundesverwaltungsgerichtshofes durch die Flughafenbetreiber. Auch Mayer ist sich des Bedarfs der dritten Piste für den Wirtschaftsstandort Österreich durchaus bewusst. Allerdings sieht er vor allem jene im Recht, die gegen die fortschreitende Umweltbelastung angesichts der ohnehin nicht gerade übererfüllten Klimaziele Österreichs auftreten.

Genau solch kontroversielle Aussagen hätten sich am Thema interessierte (oder vom Fluglärm geschädigte) Seher schon am ORF-Vor- und Hauptabend im Sinne des Informations- und Bildungsauftrages gewünscht - und nicht erst zur Geisterstunde. Doch da kam nichts als Flughafen-Propaganda. Und man muss an keiner Klima-Katastrophen-Phobie leiden, um zu erkennen, dass vermehrter Fluglärm und Abgase über einer Großstadt eine ernstzunehmende Gefahr für Gesundheit und Lebensqualität der Bevölkerung darstellen.