Berichterstattung war gestern. Bei Ö1 ist Gefühls- und Meinungsjournalismus angesagt. Anlässlich des EU-Innenministertreffens in Rom macht das Morgenjournal mit einer Reportage aus einem Flüchtlingslager in Italien auf. Auf Zahlen und Fakten verzichtet man, stattdessen werden ein paar Vorzeige-Flüchtlinge mit ihren Schicksalen präsentiert: ein Arzt aus Palästina, eine junge Familie aus Syrien, der Vater ein Techniker, und ein Mann aus Eritrea, der Verfolgung und Folter entkommen ist. Nicht gerade ein repräsentativer Querschnitt, wie mittlerweile alle wissen, die außerhalb der politisch-korrekten Blasenwelt leben.
Welcome-Dritte-Welt-PR statt Journalismus. Man ist von Ö1 nichts anderes gewohnt. Nachdem man die Hörer solcherart emotional weichgeklopft und moralisch unter Druck gesetzt hat, holt man zum zweiten Schlag aus. Und zwar mit einem Beitrag über die bisherigen Kosten der österreichischen Grenzsicherung. Dabei versucht man einerseits die Zahlen der „Flüchtlinge“ die aktuell ins Land strömen kleinzureden, anderseits die Kosten, die bisher in die Grenzsicherung investiert worden sind, als reine Geldverschwendung darzustellen. Was angesichts von knapp 15 Millionen Euro nicht so richtig gelingen will. So eine „läppische“ Summe wird im Wiener Rathaus zwischen Frühstück und Mittagessen ganz locker verbraten.
Danach geht es um ein geplantes Rauchverbot für unter 18jährige. Dazu wird der Wiener SPÖ-Stadtrat Jürgen Czernohorsky minutenlang interviewt. Es hätte auch ein schwarzer Landesrat sein können. Hätte. Der rote Stadtrat wird von der Redakteurin fast schon zu devot befragt, selbst für ORF-Verhältnisse. Der nächste Programmpunkt, ein Jubelbeitrag auf Martin Schulz, hat eine ähnliche Tonalität.
Die launige Anmoderation: „Seit gestern hat Martin Schulz einen neuen Spitznamen: Mister 100-Prozent“. Wow! Schulz wurde am SPD-Parteitag einstimmig zum neuen Obergenossen Deutschlands gewählt. Man stelle sich vor, ein „Rechtspopulist“ würde ein solches Ergebnis einfahren. Ö1 hätte sich Bemerkungen wie „starker Mann“ oder „Führerkult“ nicht verkneifen können. Aber bei den Sozis…
Ein besonderes Gustostückerl ist ein brandaktueller Beitrag über die angeblich vielen Vorteile von Lastenfahrrädern, also gutmenschengetriebene Transport-Rikschas. Auch der grüne Fahrradbeauftragte der Stadt Wien darf eine gewichtige Wortspende abgeben. Die Althippies in der Argentinierstraße stehen eben auf Wind- und Fahrräder, mit Hightech und Fortschritt haben sie es nicht so.
Wer dieses Nachrichtenjournal durchgestanden hat, hat viel über über den österreichischen Staatsfunk, das Weltbild von gebührenfinanzierten „Rundfunkbeamten“, linke Befindlichkeiten und Moralvorstellungen, aber nichts über die aktuellen Vorgänge und Entwicklungen in Europa und der Welt erfahren.