Folgende Sätze bekamen Ö1-Hörer im Mittagsjournal zur täglichen Trump-ist-das-Böse-in-Person-Meldung zu hören. Constanze Pándi, Gestalterin eines Beitrages mit dem für ORF-Begriffe fast schon ketzerischen Titel „Trumps Politik findet auch Zustimmung“, meinte in einer Analyse:
„Was Trump besonders kritisiert, ist die Praxis, anonyme Quellen zu zitieren. Dadurch kommen unangenehme Geschichten ans Licht, doch niemand kann nachprüfen, ob sie tatsächlich stimmen und wer was gesagt hat. Im derzeitigen Klima der sogenannten alternativen Fakten fällt es einem Beschuldigten dann leicht, solche Meldungen als Fake News und komplett erfunden abzutun. Die Medien werden sich da mehr überlegen müssen, als nur aufzuschreien und auf die Pressefreiheit zu pochen.“
Was beim ersten Hinhören wie Selbstkritik aus den Reihen des ORF klingt, war natürlich nur auf die US-amerikanischen Medien gemünzt. Dass der ORF im täglichen Trump-Beschimpfen den linken US-Medien in keiner Weise nachsteht, dürfte noch nicht zu den Erkenntnissen in den Politik-Redaktionen auf dem Küniglberg und in der Argentinierstraße gehören.
Dabei war in dem Drei-Minuten-Beitrag zu Beginn ganz und gar die ORF-Handschrift zu erkennen gewesen. Trump habe mit einer Zustimmungsrate von nur 44 Prozent der befragten US-Amerikaner die niedrigste Zustimmungsrate aller US-Präsidenten seit dem zweiten Weltkrieg. 59 Prozent der Befragten gab an, Trump persönlich nicht zu mögen. Bei dieser Umfrage im Auftrag der Wirtschaftszeitung Wall Street Journal und des TV-Senders NBC erklärte aber knapp die Hälfte der Befragten, sie würden Trumps Politik im Wesentlichen unterstützen.
40 Prozent der Amerikaner finden, dass das Land unter Trump auf einem guten Kurs sei. Gegen Ende der Präsidentschaft von Barack Obama im Sommer 2016 war dieser Wert bei nur 18 Prozent der US-Wähler gelegen. Das liege an den guten Wirtschaftsdaten, zitierte Constanze Pándi aus den Umfrageergebnissen. 40 Prozent der Amerikaner glauben, dass sich die Wirtschaftsdaten unter Trump weiter verbessern werden.
Bemerkenswertestes Umfrageergebnis war, dass eine überwältigende Mehrheit der Befragten der Überzeugung ist, dass erstmals seit 15 Jahren das System und die Institutionen der USA nicht mehr gegen die Bürger arbeiten. Bei seiner Antrittsrede hatte Trump gesagt, nur eine kleine Gruppe in Washington habe bisher Vorteile von der Regierung gehabt, die große Mehrheit der Amerikaner hatte nur die Kosten. Dieser Aussage des viel geschmähten Präsidenten stimmen 86 Prozent der befragten Amerikaner zu.
Dass sich dermaßen positive Umfrageergebnisse in eine ORF-Sendung verirren, könnte eine Art ORF-Betriebsunfall gewesen sein. Aber vielleicht war es auch ein kleiner erster Schritt, über die USA und ihren neuen Präsidenten nicht einseitig hysterisch, sondern einigermaßen ausgewogen zu berichten. Wie sagte Constanze Pándi in ihrem Beitrag ganz richtig: „Die Medien werden sich da mehr überlegen müssen, als nur aufzuschreien und auf die Pressefreiheit zu pochen.“
Aber ob die in ihren Strukturen völlig verkrustete ORF-Redaktion diese Lernfähigkeit noch aufbringen kann, darf guten Gewissens bezweifelt werden.