Die Zahl der aufregenden Nachrichten am Dienstag den 21. Februar 2017 war enorm. Da war der Prozess um eine Horde irakischer Asylwerber, die zu Silvester gemeinsam über eine wehrlose junge Deutsche hergefallen sind, also eine Gruppenvergewaltigung der übelsten Sorte. Da gab es neue Erkenntnisse im Skandal um die Gemeindefirma „Wiener Wohnen“, für die der zuständige Stadtrat Ludwig natürlich keine Verantwortung übernehmen will. Da gab es einen Aufstand von jungen Muslimen in Schweden mit Plünderungen von Geschäften und brennenden Autos, der von Österreichs Medien fast nicht wahrgenommen wurde. Die Zahl der Arbeitslosen in Österreich liegt nur mehr knapp unter einer halben Million. Weiters: Die Zahl der handgreiflichen Attacken auf ÖBB-Zugbegleiter und Fahrausweiskontrollore soll strenger bestraft werden, weil sie im Jahr 2016 um etwa die Hälfte höher lag als im Jahr davor. Vor wenigen Jahren noch hatte es solche Angriffe in Österreich so gut wie nie gegeben.
Alles spannende und besorgniserregende Themen.
Und was stellte die ZIB 24:00 unangefochten in den Mittelpunkt der Sendung? Den Vorschlag von Kulturminister Drozda, man möge doch den Heldenplatz umbenennen, denn dieser Ort sei „zu aufgeladen mit seiner Vergangenheit“.
Dazu lud die ZIB-Redaktion Vertreter von SPÖ und Grünen zur Diskussion ein, doch dazu wollte sich keiner der Politiker der linken Reichshälfte bereit erklären. Lediglich Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel stellte sich der Diskussion mit einer Historikerin namens Heidemarie Uhl, die mit der undankbaren Aufgabe betraut worden war, den rot-grünen Standpunkt zu vertreten, den der SPÖ-nahe Historiker Oliver Rathkolb vorgegeben hatte. Frau Uhl erfüllte ihre Aufgabe wortreich und inhaltsarm.
Blümel sprach aus, was sich wohl die Mehrheit der Österreicher angesichts dieser Diskussion gedacht haben dürfte: Hat die Bundesregierung und hat Österreich keine anderen Sorgen?
Aber dermaßen unsinnige Diskussionen anzuzetteln hat für manche der Regierungsverantwortlichen eine wertvolle Funktion: Sie lenken von den echten Problemen ab und übertünchen „Kleinigkeiten“ wie Gruppenvergewaltigungen, Bestechungsskandale rund um Wiener Gemeindewohnungen auf Kosten der Steuerzahler oder Rechnungshofberichte über die freigiebige Auszahlung von Mindestsicherungen in Millionenhöhe, die zum sofortigen Rücktritt verantwortlicher Politiker führen müssten.
Der ORF tappt bereitwillig in diese Falle und macht den Namen des Heldenplatzes zum zentralen Thema dieses Landes. „Wäre es nicht angebracht, den Heldenplatz in ,Platz der Demokratie’ umzubenennen, insistierte Moderatorin Lisa Gadenstätter bei Blümel. Der schlug darauf vor, den Platz dadurch zu demokratisieren, dass er für Demonstrationen freigegeben wird, um eifrige Demonstranten vom Ring und wichtigen Einkaufsstraßen fernzuhalten, wo Demonstrationen wirtschaftlichen Schaden anrichten.
Aber in Wahrheit ist es sogar eingefleischten Linken ziemlich gleichgültig, ob der Heldenplatz weiter Heldenplatz heißen soll. Es geht darum, unangenehme Themen aus den Nachrichtensendungen und damit aus dem Bewusstsein der Bevölkerung zu drängen.
Das Thema ließe sich noch weiter ausbauen. Man könnte den Heldenplatz – wer braucht in einer Demokratie schon Helden – in „Platz der grünen Sozialdemokratie“ umbenennen. Zugleich wäre es dann sinnvoll, die Hofburg mit dem neuen Namen „Karl-Marx-Hof“ zu adeln. Dazu müsste man aber einen neuen Namen für den schon bestehenden Karl-Marx-Hof suchen. Auch das könnte man lange zum Thema machen.
Es gibt also noch unzählige Möglichkeiten, über völlig unsinnige Nebensächlichkeiten zu diskutieren, und die echten Probleme weiter unter den Teppich zu kehren.