ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Andreas Unterberger (ORF2 Fr, 10.02.2017, 19:00)
Bundesland heute

10 Verletzte, 388 Anzeigen, eine Megarauferei mit 100 Beteiligten, Sachbeschädigungen, lebensgefährliche pyrotechnische Attacken auf "feindliche" Fans: Diese Bilanz prägte im Herbst das Fußballspiel Austria-Rapid, das sogenannte Derby. Jetzt steht wieder ein solches Derby bevor. Da berichtet auch Wien-Heute.

Es macht freilich absolut fassungslos, wie das getan wurde: Der Redakteur im Studio sprach lediglich von "AUSRUTSCHERN", die da passiert wären.

Ausrutscher können ja jedem einmal passieren, nicht wahr. Eine missglückte Schularbeit, eine blöde Bemerkung, eine Unhöflichkeit: Das sind - für normale Menschen - Ausrutscher. Für den ORF sind hingegen auch serienweise Rechtsbrüche und Gewalttaten bloße Ausrutscher.

Solche Verharmlosungen sind eindeutig Mitschuld an der Eskalation der Fußball-Gewalt, auch wenn sie von keinem Gericht verurteilt werden können. Solche Verharmlosungen kommen dem Normalbürger nicht nur skandalös, sondern auch unerklärlich vor. Sie werden freilich durchaus erklärlich, wenn man die Zusammenhänge näher analysiert.

Da ist zum einen die üble Kumpanei vieler Sportjournalisten mit der Sportszene, die sie völlig unkritisch macht. Zum Unterschied von ihren Kollegen aus politischen, wirtschaftlichen oder chronikalen Ressorts sind sie nie interessiert, die vielen hässlichen Dinge rund um das Objekt ihrer Berichterstattung sonderlich herauszustreichen. Ob massenweises Doping, Megakorruption oder eben die Eskalation von Gewalt und Aggression - immer versuchen sie, diese Dinge nur kurz zu erwähnen, und dann rasch wieder davon abzulenken. Nur ja nicht ordentlich aufzuarbeiten. Schließlich leben sie davon, dass sie den Sport und die dort logischerweise immer zu findenden Sieger heroisieren. Sie fürchten, dass auch ihre eigene Position an Ansehen verliert, wenn der ganze Sport an Ansehen verliert. Daher werden solche Exzesse immer heruntergespielt. Daher wird schon gar nicht erwähnt, dass es unter den Klubfußballfans ganz üble rechts- und neuerdings auch linksextreme Umtriebe gibt (interessanterweise ist bei Länderspielen zumindest in Österreich alles friedlich und gesittet. Das interessiert die Rabauken und Extremisten nicht).

Bei der Verharmlosung von Rapid-Austria-Exzessen im ORF spielt aber zum anderen auch die politische Dimension mit. Der eine Klub wird massiv von Gemeindebetrieben auf Gebührenzahlerkosten subventioniert und hat vom Rathaus ein neues Stadion geschenkt bekommen. Der andere hat einen Gewerkschaftsboss als Klubchef. also das eine Machtzentrum der SPÖ da, das andere dort. Daher fürchtet im ORF jeder, dass er sich die Finger verbrennen würde, würde man da wirklich kritisch hinschauen. Daher handeln sie nach der alten österreichischen Devise: Lieber keine Zores einhandeln.

Dass man es auch ganz anders machen kann, hat man in den letzten Tagen in Deutschland gesehen. Dort hat es in Dortmund bei einem Spiel gegen Leipzig ähnliche Exzesse gegeben. Aber vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen bis zu den sonstigen Medien und bis zum Dortmunder Fußballklub selbst hat es massive Verurteilungen und Distanzierungen gegeben. Dort wäre  mit absoluter Sicherheit ein Redakteur keinen Tag länger im Fernsehen geblieben, der das als "Ausrutscher" verharmlost hätte.

PS: Die Dortmunder Exzesse haben übrigens einen anderen politischen Konnex als die Wiener: Dort sind sie eindeutig von linksradikalem Klassenkämpfer-Geschwafel gegen Leipzig motiviert gewesen, weil Leipzig von Red Bull - also dem österreichischen Unternehmer Mateschitz - finanziert wird und sensationell erfolgreich gemacht worden ist. Das treibt Linken den Schaum vor dem Mund, wenn ein Unternehmer nicht nur bei der Limonade-Erzeugung und -Vermarktung, beim Privatfernsehen, bei Extremsportarten oder bei Weltraumsprüngen sondern auch beim Fußball mehr zusammenbringt als proletarisch geprägte Klubs. Übrigens ähnlicher, politisch motivierter Neid schlägt deutschlandweit Bayern-München entgegen.