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Andreas Lindner (oe1 Mi, 11.01.2017, 07:00)
Morgenjournal (I)

Immer dann, wenn unter Federführung des ORF wieder einmal eine künstlich aufgeblasene ÖVP-Obmanndebatte befeuert wird und eifrige Gesinnungsjournalisten aus der Anstalt bei diesem Thema nicht und nicht locker lassen wollen oder/und zugleich auffällig ausgedeeeeehnte Larifari-Berichte über z. B. aktuell scheinbare 'Intransparenzen' der 'Dr. Erwin Pröll Privatstiftung' ins Publikum penetriert werden, ja dann darf vermutet werden, dass an irgendeiner anderen Ecke des politischen Spektrums wirklich etwas los ist.

Als langjähriger Beobachter des politisch-medialen Komplexes erkennt man dieses Muster ganz locker und eindeutig.

Vergleiche dazu, wie die SPÖ-Adlaten im ORF sofort wieder still wurden und sämtliche Berichte (welche ohnehin den Charakter einer Hofberichterstattung hatten) eingestellt haben, als es aus der SPÖ-Wien sinngemäß hieß nix is los, alles bestens. Das kommt für viele SPÖ-nahe Journalisten offenbar einer Art Stallorder gleich .

Abgesehen von der SPÖ-Wien also, in welcher offensichtlich ein mittlerweile heftiger Richtungstreit und Machtkampf herrscht, sind medial Dinge zu lesen, die geeignet wären, bei einer objektiven Berichterstattung des ORF – geschweige denn der oft erprobten Skandalisierungsmaschine – der SPÖ massiv zu schaden. Und eigentlich noch mehr, denn bei zwei aktuellen Causen, sind gleich beide der derzeit höchsten Amtsträger der Republik (!) betroffen: Doris Bures (als frühere SPÖ-Infrastrukturministerin) und Kanzler Christian Kern (als früherer ÖBB-Chef und auch als SPÖ-Chef)!

Der Kurier schreibt z. B. in seiner heutigen Ausgabe, unter dem Titel "Fragwürdige Millionen-Zahlung des Verkehrsminis­te­ri­ums", dass eine "fragwürdige Privatfirma" (Secuvia), seit 2008 mehr als 21 Millionen Euro an Steuergeldern aus dem SPÖ-geführten Ministerium erhalten habe. Und damit wären "dieser kleinen Privatfirma" pro zur Verfügung gestellten Mitarbeiter bis zu einer Million Euro bezahlt worden. Eine adäquate Gegenleistung sei fraglich, schreibt der Kurier.

Der Kurier schreibt in seinem Artikel auch, dass sich der Skandal ausweite. Das muß aber für die Genossen im ORF noch lange kein Grund sein, ausführlich bzw. überhaupt darüber zu berichten, schon gar nicht mit den potenziell Involvierten bzw. Verantwortlichen aus der 'großen Partei'.

Fazit: 21 Millionen, Steuergeld, Gegenleistung unklar, fragwürdige Privatfirma... alles klar?

Und, neben diesem Verkehrsministeriums-Skandal und den offenen Machtkämpfen in der SPÖ-Wien, ist da ja auch noch die Angelegenheit über die die Presse vor wenigen Tagen berichtete, wonach von der SPÖ beauftragte 'Agenturen' und schmutzkübelbewährte Spin-Doktoren aus Amerika, das Privatleben (!) eines potenziellen politischen Mitbewerbers ausspionieren! Wobei es den Verdacht gibt, dass dies von höchster Parteistelle angeordnet oder zumindest abgesegnet ist – also wieder Christian Kern.

Und wenn der ORF online darüber berichtet, dann liest sich diese ungeheuerliche Angelegenheit so: "ÖVP wirft SPÖ Dirty-Campaigning vor" – ja, alles klar. Die ÖVP macht der SPÖ Vorwürfe...

Alleine diese hochbrisanten Angelegenheiten wären drei wochen-, tages- und abendfüllende ORF-Themenkomplexe, die das Potenzial hätten, die SPÖ-Wien in der öffentlichen Wahrnehmung abstürzen zu lassen und die Karrieren von Doris Bures und Christian Kern sehr stark auf die Probe zu stellen – sagen wir es einmal so. Würde die staatliche Sendeanstalt hier in der gleichen Intensität berichten, wie bei vergleichweise deutlich geringeren, zum künstlichen Skandal aufgeblasenen Themen der politischen Mitbewerber.

Was aber natürlich der ORF sicherlich nicht tun wird.

Und so – nur so – ist das derzeitige Themensetting des ORF zu verstehen, in welches auch das heute um 07:00 Uhr ausgestrahlte Ö1-Interview, mit der entsprechenden tendenziösen Fragestellung an Reinhold Lopatka optimal hineinpasst...