Manchmal muss es für die Zeit-im-Bild-Redaktion sehr schwierig sein, einen ins Konzept passenden „Experten“ aufzutreiben. Bei der ZiB 2 ist das – wie die Sendungsmacher hofften – vortrefflich gelungen, weil es darum ging, jenen Leuten eine ordentliche Ohrfeige zu verpassen, die dazu neigen, sogenannten Populisten zu glauben.
Lou Lorenz-Dittlbacher hatte die ehrenvolle Aufgabe einen Herrn Jan-Werner Müller zu interviewen, der nicht nur „Populismus-Experte“ ist, sondern – wie der ORF stolz anmerkte – ein „renommierter Populismus-Forscher von der Universität Princeton“. Dass die Dittlbacher hinzufügen musste, „derzeit am Institut für Wissenschaft bei Menschen“ hat sicher einen triftigen Grund, der nicht genannt wurde. Das wirft die immer wiederkehrende Frage auf: Was ist für den ORF ein Experte?
Die Antwort ist klar: Experte ist einer, der genau das sagt, was die rot-grünen Innenpolitik-Redakteure hören und auf die ORF-Zuseher loslassen wollen.
Dafür war Herr Jan-Werner Müller, der vor kurzem ein Populismus-Buch auf den Markt gebracht hat und vermutlich gerne dafür Werbung macht, haargenau der richtige Mann. Jan-Werner Müller palaverte dann frei an Substanz über die Gründe, warum sogenannte „Populisten“ (gemeint waren ausschließlich jene aus der bürgerlichen Reichshälfte, obwohl es auch ebenso viele Links-Populisten gibt) sich derzeit über so starken Zulauf an Wählerstimmen freuen können.
Dass es für die Unzufriedenheit mit den etablierten Politikern in fast allen Ländern handfeste Gründe gibt, wurde in diesem Interview ausgeklammert.
Immerhin analysierte Müller richtig, dass sich der böse Ober-Populist Donald Trump besser als die Mitbewerber im den sozialen Medien bewegt hat und dort seine Mehrheit gesichert habe. Wähler von Trump oder Nigel Farage, der treibenden Kraft des „Brexit“, bezeichnete Herr Müller kurzerhand als „Kollaborateure“. Zur Erläuterung: Historisch steht dieser Begriff für die „Zusammenarbeit mit dem Feind zu Zeiten eines Krieges oder der Besatzung“. Da dürfte in Wahrheit wohl eher das Gegenteil der Fall sein.
Und Frau Dittlbacher, die bei manchen ihrer Interview-Partner nahezu Schaum vor dem Mund zu haben scheint, wenn diese die aus ihrer Sicht falsche Meinung vertreten, hörte andächtig zu, als Herr Müller dann nicht nur über Trump, sondern auch über Victor Orban und andere „Populisten“ urteilte. Der versuchte Nachweis, dass alle Wähler angeblich populistischer Parteien oder Kandidaten nur verwirrte Idioten sind, ging natürlich gründlich daneben. Jene Wählermehrheit, die sich für „Populisten“ entscheidet, weiß recht gut, warum sie das tut.