Offensichtlich unwohl fühlte sich Hans Bürger dabei, den Wahlsieger Hofer interviewen zu müssen. Die erste Frage Bürgers, ob Herr Hofer nun – mit dieser Zustimmung – der neue Parteichef der FPÖ sei, kann wohl nur mit dem Schock über den Wahlausgang erklärt werden. Nur die Berücksichtigung der widrigen Umstände kann erklären, warum ausgerechnet ein altgedienter Journalist eine Persönlichkeitswahl mit einer Parteienwahl verwechselt. Auf die Antwort Hofers, dass er ja als Bundespräsident kandidiere, folgte zweifelnd die journalistisch versierte Frage, ob Hofer denn gerne ein Kandidat für alle Österreicher sei.
Der subtilen Unterstellungen nicht genug, wurde das Interview in dieser Tonart weitergeführt. Die Reaktion Hofers, dass er sehr wohl ein Bundespräsident für alle Österreicher sein wolle, erklärt wohl den nächsten Fehltritt Bürgers. Letzterer geht offenbar davon aus, dass eine Wahl nur dann gewonnen werden könne, wenn auf einen Bewerber hundert Prozent der Stimmen entfallen (Bürger: „Wie wollen Sie die anderen 65 Prozent, von denen Sie wissen, dass Sie sehr viele deutlich ablehnen, gewinnen?“).
Es wäre in der Tat notwendig, Herrn Bürger über sein eklatantes Missverständnis aufzuklären. So manchem in Österreich wäre eine Wahlordnung, nach der ausschließlich Bewerber nicht linker Gesinnung 100 Prozent Zustimmung benötigen würden, wohl mehr als recht. Fast kindisch erscheint dagegen die Feststellung, dass sich „Leute“ fürchten würden, ob der Aussage Hofers, dass man noch sehen werde, was ein Bundespräsident in Österreich alles machen könne.
Dafür wurde Herrn Van der Bellen geschmeichelt, dass er vom „Umfragekaiser“ zum „Wahltagskönig“ geworden sei. Und hoffnungsvoll erscheint die Frage, ob dies nun ein Wahlkampf „alle gegen blau“ werden würde.
Im Eifer des Gefechts wurde Frau Griss sogleich als „Frau Griesch“ angesprochen. Diese betonte ihre Parteiunabhängigkeit. Bürger musste diese Aussage natürlich sofort berichtigen und klarstellen, dass Van der Bellen ja auch parteiunabhängig sei. Letzterer dementierte überrascht und reagierte amüsiert ob der journalistischen Kompetenz, da er wohl auch zum ersten Mal hören musste, dass er nicht Mitglied der Grünen sei. Bürgers Versuch, die Peinlichkeit zu kaschieren, indem er Van der Bellen als Unabhängigen deklarierte, schwächte das Debakel nicht ab.
Barsch wurde die entscheidende Frage gestellt, wen Griss jetzt unterstützen würde. Als diese sich nicht festlegen wollte und betonte noch nachdenken zu müssen, wurde sie in ihren Ausführung von Bürger sofort unterbrochen („Das wissen wir schon alles“). Und voller Unverständnis hakte Bürger nach: „Wieso müssen Sie jetzt überlegen? Sie kennen ja beide Kandidaten sehr gut.“ Ein Bekenntnis zur Unterstützung Van der Bellens konnte Griss nicht abgepresst werden. Die Interviews mit den anderen Kandidatenverliefen verliefen ähnlich objektiv und bereichernd.