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Andreas Lindner (oe1 Mi, 30.03.2016, 12:00)
Mittagsjournal

Christian Williwald interviewt im Ö1-Mittagsjournal Frau Dr. Irmgard Griss (dass neuerdings meistens der Titel in der persönlichen Anrede fehlt, hat sicherlich nichts damit zu tun, dass der SPÖ-Gewerkschafter Hundstorfer keine akademische oder höhere Ausbildung hat). Williwald sagt in unüberhörbar ironischem, gekünstelt naiven Tonfall: „Sie haben kürzlich in einem Interview mit einem Ihrer Söhne die Zeit von Schwarz/Blau verteidigt, mit dem Argument, da sind viele, viele Reformen durchgezogen worden. Was meinen Sie denn damit genau?“

 (Mit nachträglicher Korrektur am Ende)

Jetzt weiß ich natürlich schon, dass für alle Linken die Regierungszeit von Wolfgang Schüssel offenbar die dunkelste Zeit der zweiten Republik gewesen ist (Stichwort "Regime Schüssel"). Hier gilt, je weiter links die eigene Gesinnung, desto ärger wird diese Zeit empfunden. Und viele der ORF-Journalisten vor und hinter Kamera und Mikrofon, sind in ihrer Gesinnung erfahrungsgemäß und oft sogar auch nach eigenem Bekunden links bis sehr weit links angesiedelt.

Trotzdem kann niemand, der nicht krampfhaft versucht, sich der Realität zu verweigern, abstreiten, dass in diesen sieben Jahren in Österreich so vieles reformiert worden ist, wie jahrzehntelang nicht in Österreich. Und dass unser Land – das sind übrigens WIR alle – von vielen Reformen heute noch profitieren. Ich könnte Herrn Williwald einige Reformstichworte aus dieser Zeit geben, etwa die (echte) Steuerreform von 2005 (bei der sowohl Arbeitnehmer als auch Selbstständige als auch Unternehmen profitiert haben), die Pensionsreform von 2003, die wichtige Reform der Abfertigung, die Restitution für jüdisches Vermögen und für Zwangsarbeiter von 2000, die Pensions-Anerkennung von Kinder-Erziehungszeiten für Frauen, die Total-Reform der österreichischen Exekutive, die Reform der österreichischen Universitäten (Autonomie) von 2002, die Reform des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, dazu wurden viele Doppelgleisigkeiten beseitigt und Etliches mehr. Zur Reform des Österreichischen Förderalismus wurde ein groß angelegter ‚Österreich Konvent‘ ins Leben gerufen, dessen Ergebnisse freilich nach der SPÖ-Machübernahme 2007 ebenso in der Schublade verschwunden sind, wie jene der Bundesheer-Kommission von Helmut Zilk, ebenfalls unter Schüssel initiiert.

Auch die leidige Ortstafellösung war nach jahrzehnten fertig ausverhandelt, wurde aber durch die Gusenbauer-SPÖ (die bereits im Wahlkampfmodus war) blockiert. Die Staatsschuldenquote wurde herabgesenkt, ausländische Investoren sind buchstäblich Schlange gestanden und es herrschte de facto Vollbeschäftigung.

Im Vergleich dazu sind die Regierungsjahre eines Werner Faymann ein einziges Desaster für unser Land – auch Dank eines gewissen Reformverweigerers Rudolf Hundstorfer. Und die Reformen die in Erinnerung bleiben werden – Rettungsgasse, Abschaffung der Militärmusiken, Allergenverordnung, Registrierkassenpflicht,… – lesen sich dagegen wie die Auflistung einer Lachnummer nach der anderen, wobei die Betroffenen darüber meistens nicht lachen können.

Getreu dem Motto, ich lass‘ mir doch durch Deine Fakten nicht meine Vorurteile zerstören, wird auch diese lose Aufzählung bei den hart gesottenen Betonlinken nichts bewirken. Was auch nichts macht, solange sie nicht ihre persönliche Gesinnung zum Inhalt einer tendenziösen Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Radio/TV machen – getarnt als objektive Darstellung.

Fazit: Ein Redakteur der öffentlich rechtlichen Sendeanstalt, macht (unfreiwillig?) deutlich, dass das offenbar schwere Trauma der SPÖ, nach dreißig Jahren einmal nicht in der Regierung zu sitzen, auch in ihm schwer nachwirkt. Das sei ihm unbenommen, ist aber mit der in seinem öffentlichen Job gebotenen Objektivität überhaupt nicht zu vereinbaren.

Und noch eine Anmerkung oder ein Hinweis für das Ö1-Interview mit dem Präsidentschaftskandidaten Rudolf Hundstorfer: Herr Williwald  könnte Hundstorfer fragen, was genau er damit gemeint hat, als er 2010 sagte wir (sic!) haben mit der Pensionsreform 2003 rechtzeitig gegengesteuert und damit die Pensionen abgesichert"? (Was zumindest beweisst, dass Hundstorfer ziemlich viel Humor haben dürfte, er war nämlich 2003 nicht nur BAWAG Chef sondern auch Chef vom ÖGB und einer der Hauptorganisatoren der Demonstrationen GEGEN die Pensionreform 2003).

PS: dass FRAU Griss nun in ORF-Interviews als Präsidentschaftskandidatin nicht mehr so freundlich behandelt wird – obwohl doch FRAU – hat sicherlich gar nichts damit zu tun, dass sie aus ihrer bürgerlichen Gesinnung keinen Hehl macht. Man stelle sich vor, die SPÖ oder gar die Grünen hätten eine Frau nominiert, es wäre für den ORF gewissermaßen ‚gottgewollt‘, dass ‚endlich eine Frau Präsident‘ wird. Aber so unterstützen wir doch lieber die linken MÄNNER.

(Nachträgliche Korrektur: Das Gespräch hat Edgar Weinzettl und nicht Williwald geführt. Wir bedauern den Irrtum.)

Das Gespräch hat Edgar Weinzettl und nicht Christian Williwald geführt. Wir bedauern den unbemerkt gebliebenen Irrtum des Autors. - See more at: http://www.orf-watch.at/Kritik/2016/03/659#sthash.cNhuAMHj.dpuf
Das Gespräch hat Edgar Weinzettl und nicht Christian Williwald geführt. Wir bedauern den unbemerkt gebliebenen Irrtum des Autors. - See more at: http://www.orf-watch.at/Kritik/2016/03/659#sthash.cNhuAMHj.dpuf
Das Gespräch hat Edgar Weinzettl und nicht Christian Williwald geführt. Wir bedauern den unbemerkt gebliebenen Irrtum des Autors. - See more at: http://www.orf-watch.at/Kritik/2016/03/659#sthash.cNhuAMHj.dpuf