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Kurt Ceipek (Online )
Kindesmissbrauch ist nur bei Priestern interessant
Link: http://religion.orf.at/stories/2761272/

„Missbrauchsvorwürfe: Kein Rücktritt von Kardinal Pell“, lautet der Titel einer Meldung der Religionsredaktion von ORF.at. Dass vermutlich kaum ein Mensch in Österreich den australischen Kardinal kennt, spielt da keine Rolle. Das Thema Kindesmissbrauch wird vom ORF genüsslich breit ausgewalzt. Die in dieser Meldung gezielt untergebrachte Botschaft: Ein Kardinal hat missbraucht und tritt nicht zurück. (http://religion.orf.at/stories/2761272/)

Tatsächlich geht es um einen Missbrauchsfall eines Priesters vor 42 Jahren in einer australischen Kleinstadt namens Ballarat, also auf der anderen Seite der Erde. Daran war der 74-jährige Kardinal in keiner Weise beteiligt, er soll aber 1974 davon erfahren haben.

Kindesmissbrauch ist nicht zu entschuldigen und es ist auch durchaus angebracht, darüber zu berichten. Aber in Österreich über einen Missbrauchsfall vor 42 Jahren in Australien breit zu berichten, ist zumindest seltsam. Wer dahinter den Versuch wittert, dass linke Ideologen die katholische Kirche als eine riesige Bande von Kinderschändern darstellen will, liegt vermutlich nicht ganz falsch.

Übrigens hat der Kardinal seinen Rücktritt nicht abgelehnt, sondern von der Entscheidung von Papst Franziskus abhängig gemacht. Er werde tun, was der Papst will. Der Titel „Missbrauchsvorwürfe: Kein Rücktritt von Kardinal Pell“ signalisiert da etwas anderes.

Eine Frage drängt sich im Zusammenhang mit derartigen ORF.at-Meldungen zwangsläufig auf: Warum sind für diese Redaktion nur Missbrauchsfälle im Bereich der Katholischen Kirche meldenswert? Man könnte beispielsweise den Wiener Bürgermeister fragen, ob er angesichts der aufgedeckten ungeheuerlichen Vorfälle in der Wiener Missbrauchs-Hochburg auf dem Wilhelminenberg schon über einen Rücktritt nachgedacht habe.

Die berüchtigte Wilhelminenberg-Affäre wurde vom ORF nach deren Aufdeckung so schnell wie möglich wieder unter den Teppich gekehrt. Das Thema dürfte den Redakteuren zu langweilig gewesen sein, denn da waren ja keine katholischen Priester beteiligt.

Stattdessen schreibt ORF.at im Schlusssatz der Meldung lieber: „Die katholische Kirche wird bereits seit Jahren durch zahlreiche Missbrauchsfälle weltweit erschüttert.“ Daran erinnert man immer wieder gerne, sogar dann, wenn es vor Jahrzehnten im fernen Australien passiert ist.