Die Erwartungen sind ja zugegeben nicht hoch, wenn der ORF über die Affäre Waldheim berichtet. Aber die bewusste Oberflächlichkeit, mit der der Staatssender 30 Jahre danach vorgeht, ist erbärmlich. Alle Waldheim entlastenden Fakten und Fragen werden komplett ausgeklammert:
Waldheim ist nicht von sich aus der SA beigetreten, sondern sein Reitclub wurde zwangsweise der SA einverleibt.
Der Wert der Pflichterfüllung hatte in den 1940er Jahren einen ganz anderen Stellenwert als – nach der 68-Revolution – in den 1980er Jahren.
Es erfolgt keinerlei Differenzierung zwischen Mittäter und Mitwisser.
Wieso wurden diese Vorwürfe erst zu diesem Zeitpunkt publik und nicht, als Waldheim als UN-Generalsekretär globale Aufmerksamkeit genoss?
Wie konnte die Affäre so eine Wucht erlangen? Wie kam die Story zum Profil? Warum setzte sich der World Jewish Congress (ohne jegliche Faktenprüfung und gegen die Haltung prominenter österreichischer Juden wie Simon Wiesenthal) so aggressiv auf die Geschichte drauf?
Neben diesen – wohl bewussten – Unterlassungen gibt es auch bewusste Fouls in dem Beitrag:
Die Formulierung, dass Waldheim die Wahl „durch einen beispiellos erbittert geführten Wahlkampf“ gewonnen hätte, ist eine Frechheit. Es war nicht die ÖVP, die aus dem Wahlkampf eine Schlammschlacht gemacht hat. Es spricht alles dafür, dass der Ex-UN-Generalsekretär die Wahl auch ohne die Anschuldigungen locker gewonnen hätte.
Der ÖVP werden „unterschwellig anti-semitische Anspielungen“ unterstellt – und mit einem (sicherlich nicht anti-semitischen) Zitat des damaligen Generalsekretärs belegt: „Es tun die ehrlosen Gesellen vom Jüdischen Weltkongress alles, um Waldheim in Zusammenhang mit Kriegsverbrechen zu bringen.“
„Waldheim wird Bundespräsident [...] Fast zeitgleich beginnt der Aufstieg Jörg Haiders, nicht zuletzt als Schutzpatron der Pflichterfüller.“
Wenn die ZiB-Redaktion auch nach 30 Jahren nicht in der Lage ist, einen vernünftigen Bericht über die Affäre Waldheim zu gestalten, dann hätte man besser ins Archiv gehen und zur entsprechenden Ausgabe von Hugo Portischs „Österreich III“ greifen sollen.