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Kurt Ceipek (ORF2 So, 28.02.2016, 11:05)
Pressestunde

„Ich besuche fast jede Woche Schulen und lerne auch Kinder mit Fluchthintergrund kennen und sehe eigentlich sehr zufriedene Gesichter. Und im Zusammenspiel mit Lehrerinnen und Lehrern höre ich, ,ja, es ist hart, aber wir schaffen das’“.

Ein rosiges Bild der aktuellen Lage an den heimischen Schulen, in denen Tausende Flüchtlingskinder untergebracht werden müssen, zeichnete Bildungs- und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek in der Pressestunde. Den Satz „Wir schaffen das“, auf den die deutsche Kanzlerin mittlerweile verzichtet, bekommen die wenigen Zuseher der Pressestunde von Heinisch-Hosek gleich dreimal binnen weniger Minuten zu hören.

Die Naivität, die von der Ministerin zur Schau gestellt wurde, war für den Betrachter beängstigend. Jeder kann sich vorstellen, wie so ein Ministerbesuch in einer Schule abläuft: Nur sorgfältig ausgewählte Kinder dürfen in die Nähe der hohen Besucherin, Lehrer geben auf etwaige Fragen der Ministerin genau jene Antworten, die sie für erwünscht halten und Schuldirektorinnen und -direktoren werden vermutlich auf ihre große Zusatzbelastung verweisen und darauf, den Problemen zum Trotz alles im Griff zu haben. Klagen und Vorwürfe wird die Ministerin kaum zu hören bekommen. Das könnte der Karriere von Lehrern oder Direktoren schaden.

Und die Ministerin glaubt, was sie zu hören bekommt. Das ist bequem für die SPÖ-Ministerin, ist aber von der Realität weit entfernt.

Wer mit betroffenen Lehrern – etwa aus dem Bekannten- oder Freundeskreis – plaudert, bekommt ein völlig anderes Bild serviert. Die enorme Zahl an Schülern, die oft kaum ein Wort Deutsch verstehen, stelle manche Schulen vor unlösbare Probleme, die von der Ministerin mit „wir schaffen das“ weggewischt werden.

Den Sendungsverantwortlichen dürfte schon im Vorfeld klar gewesen sein, dass Gabriele Heinisch-Hosek ein besonderer Schwachpunkt der Regierung ist und sich in einer normal verlaufenden Pressestunde unendlich blamieren könnte. Deshalb setzt man ihr zwei besonders milde Journalisten gegenüber: Barbara Toth von der SPÖ-nahen Wiener Wochenzeitung „Falter“ und ORF-Moderator Harald Jungreuthmayer. Die beiden fielen vor allem durch milde Fragen auf, brachten die Ministerin aber dennoch einige Male so aus der Fassung, dass sie immer wieder mit Floskeln und leeren Phrasen anstelle konkreter Antworten aufwartete.

Zur missratenen Bildungsreform meinte Heinisch-Hosek: „Es ist Bewegung da“, oder „die Bildungsreform ist in die Gänge gekommen“ oder der stets einsetzbare Satz „Mir geht es um die Kinder. Mir ist es immer um die Kinder gegangen. Ich bin als Bildungsministerin angetreten, um das Ressort so zu reformieren, dass es für die Kinder am besten ist.“ Sie sei zufrieden, dass „dieses Meisterstück (die Bildungsreform, Anm.) so hervorragend gelungen ist“.

Das große Glück von Ministern ist fast immer, dass sie das Scheitern ihrer Reformen nicht mehr verantworten müssen, weil die Fehler meist erst nach ihrem Rückzug aus dem Ministeramt deutlich werden.