Jeder Polizeischüler, der sich Sonntag Abend den Tatort aus Stuttgart ansah, muss spätestens in der zweiten Hälfte des Krimis schreiend aus dem Zimmer gelaufen sein, um sich angesichts des blanken Unsinns, den er da gesehen hatte, zu besaufen.
Da führte die Spur eines skrupellosen und bewaffneten Menschenhändlers in ein überfülltes Asylantenquartier – und was macht der erfahrene Hauptkommissar Thorsten Lannert? Nein, er wartet nicht auf seinen Kollegen Sebastian Bootz, er wartet auch nicht auf anderweitige Verstärkung – er marschiert mutterseelenallein hinein zwischen Hunderte der Polizei nicht wirklich freundlich gesinnte Migranten – und wird schließlich prompt vom gesuchten Menschenhändler und dessen genauso skrupelloser Schwester entwaffnet, als Geisel genommen und, genauso wie eine andere Geisel, schwer misshandelt. Wer hätte das gedacht?
Wer nun denkt, gut, ein grober Regiefehler kann halt einmal passieren, der wurde alsbald eines besseren belehrt: Kollege Hauptkommissar Bootz geht die Suche nach seinem verschwundenen Konterpart nämlich genauso unprofessionell an, obwohl das Haus mittlerweile voll ist mit Polizei und Einsatzkräften. Er wartet, bis alles oberflächlich durchsucht ist – und schafft es danach dennoch, auf einem bemerkenswerten Solo-Egotrip ebenfalls zur Geisel der kriminellen Geschwister zu werden.
Natürlich siegt letztendlich – und trotz aller Regiefehler – das Gute. Die böse Schwester (als Darstellerin herausragend: die Wienerin Edita Malovcic) wird erschossen – pikanterweise nicht von der Polizei, sondern von einem gedungenen Mörder, der böse Bruder gibt daraufhin auf.
Was dann folgt, kann nicht mehr als Regiefehler, sondern nur noch als grober Gutmenschen-Unfug gewertet werden: Der an Schulter und Oberarm durch die Misshandlungen massiv verletzte und vor Schmerz verzerrte Lannert hat bei der finalen Auffindung des Schlepper-Lastwagens nichts besseres zu tun, als jedem der 40 befreiten illegalen Einwanderer persönlich die Hand zu schütteln und ihn schulterklopfend auf die Straße zu geleiten, alsbald unterstützt von seinem Kollegen Bootz.
Zu diesem Zeitpunkt dürften jene Polizisten oder Polizeischüler, die noch zusahen, zumindest schon so betrunken gewesen sein, dass sie über diesen Schwachsinn nur noch lallend lachen konnten. Anderen, zivilen Tatort-Freunden dürfte es nicht besser ergangen sein, zumal die Folge aus Ludwigshafen am Sonntag letzter Woche ja auch schon eine Sonderprüfung für jeden halbwegs logisch denkenden Menschen war: Die beiden altgedienten Kommissare Lena Odenthal, Maria Kopper und ihre neue Kollegin, LKA-Ermittlerin Johanna Stern, hatten plötzlich nichts anderes mehr zu tun, als sich in hysterischen, egozentrischen und nervtötenden Streitereien und Alleingängen gegenseitig das Leben schwer zu machen, sodass von der Handlung nicht mehr viel übrig blieb.
Bitte liebe Tatort-Produzenten, darunter ja auch der ORF: Kümmert Euch wieder um g’scheite Drehbücher. Die bewährten Darsteller haben es nicht verdient, in solch schwachsinnigen Himmelfahrtskommandos aufgerieben zu werden.